Seit 50 Jahren Vogelkundliche Hefte
Schriftenreihe von Naturschützern und Ornithologen einzigartig in Deutschland
Präsentieren den Jubiläumsband „50 Jahre Vogelkundliche Hefte“: (von links) Prof. Hans Heiner Bergmann, Bernd Hannover, Landrat Jürgen van der Horst, Carsten Stumpe, Michael Wimbauer und Dr. Nils Stanik. Foto: NABU/PR
Waldeck-Frankenberg – Zu zwei Buchpräsentationen trafen sich Ornithologen, Naturschützer und Interessierte im Sitzungssaal des Kreishauses: Der Jubiläumsband „50 Jahre Vogelkundliche Hefte“ für den Landkreis Waldeck Frankenberg und der dritte Band „Schmetterlinge im Landkreis“ wurden vorgestellt.
Landrat Jürgen van der Horst sprach von „außergewöhnlichen Projekten mit außergewöhnlicher fachlicher Expertise“. Die Mitwirkenden der Schriftenreihen dürften sich als Botschafter des Landkreises verstehen. Die Schriften zeigen die naturschutzfachliche Entwicklung im Landkreis über die vergangenen 50 Jahre. Negative Tendenzen, aber auch positive seien aufgezeigt worden, sagte er und dankte den Autoren und allen Mitwirkenden.
Heinz- Günther Schneider, Vorsitzender des NABU-Kreisverbandes, erklärte, dass ihm keine vergleichbaren Schriften bekannt seien. Er lobte die gute Zusammenarbeit mit dem Landkreis und der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON). Dr. Nils Stanik von der HGON gratulierte ebenfalls zum goldenen Jubiläum. Er lobte die Kontinuität der Vogelkundlichen Hefte über all die Jahrzehnte. Bei den Büchern handele es sich um „avifaunistische Meisterwerke auf höchstem Niveau“. Eine große Portion Pathos und Heimatliebe stünden hinter den Publikationen.Der Diplom-Biologe und Schriftenleiter Michael Wimbauer stellte den Jubiläumsband der Vogelkundlichen Hefte vor. In Deutschland ist keine vergleichbare Schriftenreihe existent, die seit 50 Jahren veröffentlicht wird; Herausgegeben wird sie gemeinsam von Naturschutzbund und HGON. Der im Frühjahr 2023 verstorbene Wolfgang Lübcke hatte die Vogelkundlichen Hefte vor 50 Jahren ins Leben gerufen, war deren Schriftenleiter. Ohne ihn wären die Publikationen wohl nicht in dieser Qualität über fünf Jahrzehnte möglich gewesen. Der 50. Jubiläumsband ist daher in großer Dankbarkeit Wolfgang Lübcke gewidmet. 62 Personen stellen regelmäßig ihre Beobachtungsdaten zur Verfügung.
Michael Wimbauer dankte den Artkapitelbearbeitern Jürgen Becker, Jaqueline Bienhaus, Ralf Enderlein, Markus Grosche, Thorsten Kleine, Felix Normann, Falk Paltinat und Heinz-Günther Schneider. Ein großes Dankeschön richtet er an Doris Landgrebe, die seit 33 Jahren für die drucktechnische Umsetzung verantwortlich ist, und an Jaqueline Bienhaus, Hans-Heiner Bergmann und Markus Grosche für die Hilfe beim Korrekturlesen und der technischen Unterstützung.
Das Herzstück des 244 Seiten starken Exemplars ist der Avifaunistische Sammelbericht, in dem die Beobachtungen zusammengefasst werden. Als Besonderheiten sind der Einflug von südeuropäischen Sichlern in die Werbeaue und der Erstnachweis eines Schreiadlers an der Deponie Flechtdorf zu erwähnen. Ebenfalls Erstnachweise gab es von Zwergscharbe und Waldammer im Edertal.
Bei der Wintervogelzählung entlang der hessischen Eder kartierten 53 Beobachter im vergangenen Winter 139 Arten. Ornithologe Wimbauer stellte auch die wissenschaftlichen Auswertungen des Beringungs- und Wiederfundberichtes vor. Mehr als 18 000 Vögel seien 2023 im Landkreis beringt worden. Ringfunde und Ablesungen führten immer wieder zu neuen Erkenntnissen. So konnte ein Zaunkönig, der in Russland beringt worden war, im Edertal abgelesen werden – einer der kleinsten europäischen Vogelarten legte eine Strecke von fast 1000 Kilometern zurück. Leider würden auch geschossene Schnepfenvögel aus Frankreich zurückgemeldet. Der dauerhafte Negativtrend der Vögel der Agrarlandschaft setze sich leider fort, so Wimbauer. So habe sich der Bestand der Feldlerche nahezu halbiert. Der Kiebitz sei bereits seit 2004 im Landkreis ausgestorben. Auch der Feldsperling sei in seinen Beständen massiv eingebrochen.
Viele weitere wissenschaftliche Berichte sind im Jubiläumsband nachzulesen. So berichtet Heinz-Günther Schneider über die Bestandsentwicklung der Wasseramsel im oberen Edertal. Friedhelm Schnurbus berichtet über die ornithologische Bedeutung der Goddelsheimer Hochfläche (Böhlen).
Der heimische Ornithologe Prof. Hans Heiner Bergmann hielt einen Fachvortrag über Vogelfedern. Fabian Hirschauer, HGNO-Mitglied und Koordinator der landesweiten Erfassung der Brutvögel für den Atlas Deutscher Brutvogelarten, betrachtete die „Vogelwelt im Wandel“. Im Vergleich zu vor 180 Jahren komme etwa der Kranich aufgrund klimatischer Veränderungen 65 Tage früher in seinem Brutgebiet an. Eine Verfrühung um mehrere Wochen sei bei den meisten Arten festzustellen. red
Die Bände sind beim NABU erhältlich, Tel. 05631 / 987 8809, E-Mail: nabu-waldeck-frankenberg.de. Der VHE-Jubiläumsband kostet zehn, der Schmetterlingsband 35 Euro, je plus Versand.
Dritter Schmetterlingsband erschienen
Bildband: „Schmetterlinge in Waldeck- Frankenberg“.
Der Entomologe und Buchautor Bernd Hannover stellte sein neues Werk „Schmetterlinge in Waldeck- Frankenberg“ vor.
Von dem Zeitpunkt an, da er als Jugendlicher eine Begegnung mit einem Bruchwasserläufer an der Eder hatte, sei er „mit dem Naturschutzvirus infiziert“ gewesen, erklärt Hannover. Nach und nach interessierte er sich zunehmend für die Insektenwelt. Bei Wanderungen sammelte er seltene Insekten, nahm sie in einer Dose lebendig mit nach Hause, um sie nach der Bestimmung wieder in die Freiheit zu entlassen. Mit wehmütiger Stimme wieß er jedoch auch darauf hin, dass mittlerweile viele seiner kartierten Arten aus dem Landkreis verschwunden seien. Vermutlich seien es bis zu 80 Prozent. Somit stelle seine Publikation auch eine Art Dokumenation über die ehemaligen Arten des Landkreises dar.
Die in die Landschaft eingebrachten Gifte scheinen eine wesentliche Rolle zu spielen. Doch auch der Klimawandel und eine „steril aufgeräumte“ Landschaft mit wenig Altgrasstreifen würden stark zu den großen Verlusten beitragen.
Der dritte Schmetterlingsband mit 536 Seiten komplettiert die Schmetterlingsreihe des Landkreises Waldeck Frankenberg. Diplom-Ingenieur Bernd Hannovers drittes Werk beschäftigt sich mit dem Vorkommen und Auftreten aller Tag- und Nachtfalterarten im Landkreis. Die Artkapitel bieten Informationen über Lebensraum und Verbreitung sowie die Einstufung in die Rote Liste. Hannover hat dazu fast 2000 Arten im Landkreis kartiert, in Deutschland sind 3700 Arten bekannt. „Der Artenreichtum bestimmt unsere Lebensgrundlage. Insekten sind das Fundament des Ökosystems“, betonte er.
Arbeitskreisleiter Michael Wimbauer und Heinz-Günther Schneider dankten Bernd Hannover für seinen 40-jährigen engagierten ehrenamtlichen Einsatz. Mit dem dritten Band werde das einzigartige Lebenswerk von Bernd Hannover veröffentlicht. red
2024 WLZ 25. 11.