Geschichte und Geschichten aus Höringhausen. Volksfeste Teil 2

_ 1005 Volksfeste Teil 2

H. Figge

Das 19. Jahrhundert, kein Jahrhundert zum Feiern in Höringhausen.
Die Dienstpflichten, Zehnten und Abgaben wurden für den 20. Jahresbetrag von Kirche und Adel abgelöst. Dazu kamen noch Mißernten und Hagelschlag.
Dazu schreibt Erna Stracke in Ihrer wissenschaftlichen Arbeit, „Wandlungen der Siedlungs-, Wirtschafts- und Sozialstruktur in der Gemeinde Höringhausen, (welches Dorf hat so etwas?), von mir sehr verkürzt wiedergegeben:
Durch die schlechte Roggenernte des Jahres 1846 war die Bevölkerung des Kreises Vöhl, eines rein landwirt­schaftlichen Kreises, in eine ernste Versorgungskrise geraten. Die Pfarrchronik aus Höringhausen berichtete darüber „Im Jahr 1847 große Theurung und Mangel an Brodfrüchten. Demselben abzuhelfen, kaufte die Gh. Regierung Brodfrüchte in Rußland an und überließ davon der Gemeinde 8o Malter. Diese 80 Malter wurden auf Kosten der Gemeinde verbacken und den ärmeren Leuten das Pfund Brod zu 4 Fl überlassen, das die Bäcker damals für 9 Fl verkauften. Das Malter Korn kostete im April dieses Jahres 23 Fl, (1 Zuchtbulle kostete 1866 – 43 Fl) während die Regierung dasselbe den Gemeinden zu 13 Fl überlassen konnte„.1820 waren 2 Ackergüter und 4 Köttnerbetriebe in Concurs geraten und zur Versteigerung gekommen. Von 184o bis 1857 verkauften 5 Ackerleute,
4 Großköttner, 7 Köttner und Tagelöhner und 2 Handwerker ihre Besitzungen und wanderten mit ihren Familien nach Amerika aus. Ihnen schlossen sich 2 Müllerfamilien an, dazu 2 erwachsene Kin­der des Lehrers, 5 erwachsene Kinder des Pfarrers, der Förster mit Familie und einige alleinstehende Personen. Binnen 17 Jahren wurden 1o8 Personen von dieser Wanderbewegung erfaßt. (wahrscheinlich noch mehr!)65,43 % der Auswanderer kamen  aus der Land- und Forst­wirtschaft und gaben eine Wirtschaftsfläche von 786 Großhessischen Morgen (Heute etwa 1100  Morgen) und entsprechende Hofraithen auf. 18 Häuser wechselten dadurch die Besitzer.
Nur 4 Hofaithen gingen in den Besitz von Landwirten und Handwerkern über, die Übrigen wurden von jüdischen Gewerbetreibenden erworben.

(Die Zusammenstellung erhebt keinen Anspruch auf Voll­ständigkeit)“

Selbst das Gut der Wölffe von Gudenberg kam in wirtschaftliche Schwierigkeiten, sie haben es 1856 verkauft. Ein Kasseler Bankdirektor namens Wolf ließ sich auf dem größten Bauernhof nieder, kaufte für die Fürstin Maria von Lich Land auf,  die 1841 das „Fürstliche Hofgut“ in Höringhausen gründete. Der Bankdirektor wanderte später mit seinem Bruder selbst nach Amerika aus.

1833 wird der Friedhof von der Kirche an die Hauptstraße / Komberg verlegt.

1836 -37 wird der Pfarrhof abgerissen und ein neues Pfarrhaus gebaut. Der Pfarrer wohnte in der Zeit bei der jüdischen Familie Hirsch Lazarus zur Miete. Der Pfarrhof war ein großer Bauernhof, den der Pfarrer mit Personal bewirtschaftete.

Die jüdische Gemeinde war von 2 Familien 1704, bis auf ca180 Personen 1867, angewachsen. Es gab 31 jüdische Gewerbetreibende (Händler) mit eigenen Geschäften, meist Kurz-, Ell- und Spezereiwaren, sowie Frucht- und Viehhandel. Die erste Synagoge wurde im Jahre 1792, die zweite Synagoge 1857 (heute Grundstück der Raiffeisenkasse), mit Schulraum und Wohnung an der Hauptstraße gebaut. Die jüdische Gemeinde erhielt einen Friedhof, die jüdischen Frauen ein Badehaus. Über 2 Generationen gab es ein jüdisches Gasthaus. Vielfach war ein Mitglied der jüdischen Gemeinde im Gemeinderat vertreten.

Die im letzten Drittel des 19. Jahrhundert durchgeführten Reformen in der Feld – und Waldwirtschaft und im Verkehr verbesserten die Verhältnisse im Dorf.

1846 – 1848 wurde die Straße Arolsen – Wildungen über Höringhausen gebaut.

1856 stellten mehrere Einwohner, darunter auch einige Juden, den Antrag auf die Einrichtung einer Poststation. Dieses geschah dann 1866.

1863 kauft die Gemeinde eine Gastwirtschaft mit großen Räumen und richtet eine neue Schule ein.

An der Hauptstraße entstehen 2 neue Gastwirtschaften.

1882 wird auf genossenschaftlicher Basis eine Molkerei,- und ebenso 1889 eine Spar- und Darlehnskasse gegründet.

Die hier in kurzen Worten geschilderte Umstrukturierung hat kein anderes Dorf in der zum Großherzogtum Hessen – Darmstadt hörenden Herrschaft Itter oder im Fürstentum Waldeck durchgemacht.

1866 kam Höringhausen zum Kreis Frankenberg in der preußischen Provinz Hessen – Nassau. Das Amt Vöhl bestand noch bis 1886, dann mußte man in die Kreisstadt Frankenberg fahren.
Da müßte ich auch hinfahren, denn die amtlichen Nachrichten über Höringhausen stehen in der „Frankenberger Zeitung“. Das hat mir aber dankenswerterweise Helmut Baumann aus Schmittlotheim abgenommen. Von 1874 bis 1930 hat er alle Veröffentlichungen über Höringhausen abgeschrieben und mir übergeben.
Volksfeste waren nicht darunter, sie wurden zumeist von Vereinen, die hierfür ein Festkomitee gründeten, veranstaltet.
Unterlagen über diese Volksfeste und andere Feiern habe ich in Unterlagen des Höringhäuser Männergesangsvereins und im Stadtarchiv Korbach in der „Waldeckischen Landeszeitung“ und deren Vorläufer, dem „Corbacher Kurier“, gefunden.

XIX 1889, Volksfest in Höringhausen in der „Corbacher Zeitung“ von 1889
Im Stadtarchiv Korbach fotografiert und abgeschrieben im August 2018.

11. 3. 1889

10. und 11. 1889

24. 6. 1889

Höringhausen. Vergangenen und Montag fand unser 3. Volksfest statt. Programmmäßig wurde halb 2 Uhr der Festzug arrangiert; voran die mit Kränzen, Bändern und Fahnen festlich geschmückten Schulkinder, vom kleinsten bis zum größten, von ihren Lehrern geführt, dahinter die Arolser Militärmusik unter Leitung des Herrn Kapellmeisters Müller, hinter dieser die 3 Vereine unseres Ortes: Krieger = Feuerwehr = und Gesangverein. Zwischen den einzelnen Vereinen fanden Festdamen ihren Platz. So ging es unter Trompetenklang und Trommelwirbel durch die mit Girlanden und Fahnen reichlich geschmückten Straßen, wobei trotz der gelinden Wärme doch mancher Schweißtropfen vergossen wurde. – Auf dem rings mit Eichen – und Birkenzweigen umzäunten Festplatz angekommen, wurde nach einer kleinen Pause von Herrn Lehrer Liebermann die Festrede gehalten. Redner sprach in klaren, deutlichen, aber auch in kurzen, für jedermann verständlichen Sätzen, zunächst über die Bedeutung des namens „Volksfest“, ferner über Bedeutung und Aufgabe der obengenannten 3 Vereine, drittens richtete er einige recht warme Worte an die Schulkinder und deren Eltern und schloß mit einem dreifachen Hoch auf Se. Majestät, unseren Kaiser. –  In dem sich direkt anschließenden Konzert der Militärmusik wurden folgende Stücke recht wirkungsvoll ausgeführt:

1.     Festmarsch von A. Müller.

2.     Ouvertüre zur Oper „Zampa“ von Herold.

3.     Serenade „Valse Espagnole“ von Metra.

4.     Der kleine Trompeter, Polka von Schreiner.

5.     „Die Wachtparade kommt“ von Eilenberg.

6.     Theil aus „Lohengrin“ von Wagner.

7.  Kaiser Wilhelms Lieblingsmelodien von Lehnhardt.

8.  „Immer schneidig“

Zwischendurch wurden von der Liedertafel einige 2 – und 3stimmige Lieder gesungen, welche sich auch der allgemeinen Zufriedenheit der Festteilnehmer erfreuten. – Noch einige Stunden des Nachmittags sowie der Abend und die ganze Nacht bis zum hellen Morgen gehörten der tanzlustigen Jugend.
Montagmorgen 10 Uhr saßen schon wieder alle Mitglieder der Vereine beim Frühschoppen, wozu ebenfalls die Musik conzertirte. Selbstredend war die Stimmung urgemütlich. – Der Festzug unterschied sich von dem am vorigen Tage, daß er durch Vorreiter eröffnet wurde. Was die Speisen und Getränke anbetrifft, so ließen diese nichts zu wünschen übrig; 3 Sorten Biere, Arolser, Westheimer und Dortmunder wurden verzapft. – Der Besuch war trotz des trüben Wetters ein recht zahlreicher. Allen denen aber, die unser Volksfest noch nicht besucht haben, möchten wir recht warm ans Herz legen, bei nächster Gelegenheit uns mit ihrer werthen Gegenwart zu beehren.

XIX 1890, Volksfest in Höringhausen in der „Corbacher Zeitung“ von 1890
Im Stadtarchiv Korbach fotografiert und abgeschrieben im August 2018.

  1. 5. 1890
  1. 6. 1890

Höringhausen. Den werten Freunden unseres Volksfestes diene hiermit zur gefälligen Kenntnis, dass das diesjährige Fahnenweih und Volksfest an Umfang und Schönheit die früheren weit übertreffen wird. Sieben Gesangvereine:  Concordia und Germania aus Korbach, Freienhagen, Sachsenhausen, Thalitter, Oberwaroldern und Massenhausen haben ihr Kommen zugesagt. Da nun, wie bereits schon bekannt, auch die Arolser Militärmusik zur Stelle sein wird, so dürfte das noch nachfolgende reichhaltige und mannigfaltige Konzertprogramm allen gestellten Anforderungen genügen. Doch nicht allein Musik und Gesang wird den Festteilnehmer befriedigen; er sehnt sich gar bald auch nach einem frischen Labetrunk. Da haben wir es uns denn auch sehr angelegen sein lassen, um den werten Gästen etwas Vorzügliches zu bieten, indem wir das in Arolser Kreisen bereits bekannte Paderborner Bockbier zum Ausschank bringen lassen. Aber auch an guten Speisen soll es nicht fehlen! Mein Liebchen, was willst du noch mehr!

  1. 6. 1890

Höringhausen. Über unser Fahnenweih – und Volksfest, wovon in der Dienstagsnummer bereits berichtet wurde, sei kurz noch folgendes erwähnt: Zunächst fühlen wir uns veranlasst, den genannten Vereinen, die alle recht zahlreich erschienen waren und durch ihre entsprechenden Gesänge unser Fest auf eine bis dahin nicht gesehene Höhe erhoben, besonders aber Herrn Lehrer Röhl aus Korbach für seine unserem Gesangverein wahre Anerkennung zollende  Abschiedsworte unseren wärmsten Dank auszusprechen. Montagmorgen 10 Uhr waren wieder alle Mann zur Stelle und der urgemütliche Frühschoppen nahm seinen Anfang. Konzertstücke der Militärkapelle, Gesangsvorträge und Hochrufe, den Vorsitzenden der hiesigen drei Vereine, dem Dirigenten des Gesangvereins und anderen sich um das Fest sehr verdient gemacht Personen dargebracht, wechselten miteinander ab. Der Festzug wurde an diesem Tage durch 3 Vorreiter eröffnet. Diesen folgten sämtliche Schüler vom kleinsten bis zum größten, dann die Musik und hinter dieser die drei Vereine. Das Nachmittagskonzert wurde der Tanzlustigen wegen schon ½ 5 Uhr beendet und sofort mit dem Ball begonnen. Das Wetter war an diesem Tage ein für diese Zeit sehr prächtiges zu nennen. Es waren daher auch am zweiten Festtage fremde Gäste erschienen. Einige recht einfache aber doch gut ausgeführte Spiele der Schuljugend trugen zur Erheiterung der Anwesenden viel mit bei, ja sie konnten zuweilen nicht umhin, ihre Lachmuskeln bis zum höchsten Grade anzustrengen. So ist denn unser Fest recht gut verlaufen und wir wollen wünschen, dass es auch in ferneren Jahren einen so gemütlichen Verlauf nehmen wird. 

XIX 1891, Volksfest in Höringhausen in der „Corbacher Zeitung“ von 1891
Im Stadtarchiv Korbach fotografiert und abgeschrieben im August 2018.
Hierzu habe ich keinen bericht gefunden.

XIX 1893, Volksfest in Höringhausen in der „Corbacher Zeitung“ von 1893
Im Stadtarchiv Korbach fotografiert und abgeschrieben im August 2018.

XIX 1897, Volksfest in Höringhausen, am 15. 06. in der „Corbacher Zeitung“
Im Stadtarchiv Korbach fotografiert und abgeschrieben 2018.

XIX 1897, Volksfest in Höringhausen, am 24. 06. in der „Corbacher  Zeitung“
Im Stadtarchiv Korbach fotografiert und abgeschrieben 2018.

XIX 1898, Sänger – und Volksfest in Höringhausen, am 09. 06. in der „Corbacher Zeitung“
Im Stadtarchiv Korbach fotografiert und abgeschrieben 2018.

XIX 1898, Sänger – und Volksfest in Höringhausen, am 14. 06. in der „Corbacher Zeitung“
Im Stadtarchiv Korbach fotografiert und abgeschrieben 2018.

XIX 1899, Krieger – und Volksfest in Höringhausen, am 20. 07. in der „Corbacher Zeitung“
Im Stadtarchiv Korbach fotografiert und abgeschrieben 08. 11. 2018.

27. 07. 1899