2024 WLZ 04. 10. Die Zukunft im Rathaus – und Leserfragen

BÜRGERMEISTERWAHL In Waldeck – Fragen an die Kandidaten (Teil 2)

VON CONNY HÖHNE

Symbol der Digitalisierung: Glasfaser. Viel hängt daran, einschließlich Fragen künftiger Formen der Bürgerbeteiligung. SymbolFoto: Andreas Rother/Archiv

Waldeck Beteiligung von Bürgern und Jugendlichen, Glasfaserausbau und direkter Kontakt zur Bevölkerung trotz Digitalisierung: Dazu hat die Redaktion den beiden Bürgermeisterkandidaten für heute Fragen gestellt.
Welche Fragen bewegen Sie als Waldecker und Waldeckerinnen? Senden Sie uns Ihre Fragen an Nicolas Havel und Jürgen Vollbracht für das Wahlforum am 10. Oktober, in der Sachsenhäuser Stadthalle zu: WLZ-Redaktion Bad Wildungen, Am Bahnhof 1, 34537 Bad Wildungen oder per Mail unter bad.wildungen@wlz-online.de.
Das Moderatoren-Duo aus Redaktionsleiter Thomas Kobbe und Redakteur Matthias Schuldt legt auch Ihre Fragen dem Amtsinhaber und seinem Herausforderer vor, damit sie dazu Stellung beziehen. Das Wahlforum am Donnerstag nächster Woche beginnt um 19 Uhr. Einlass in die Stadthalle ist bereits ab 18 Uhr.  su

Vier Fragen an die Kandidaten

Wir haben den Kandidaten, die zur Bürgermeisterwahl in Waldeck antreten, vier weitere Fragen gestellt. Der Schwerpunkt liegt auf der Beteiligung der Bürger an der Entwicklung der Stadt Waldeck.

Frage1: Wie wollen sie die direkte Bürgerbeteiligung in der Stadt Waldeck und den Stadtteilen ausbauen?

Frage 2: Wie kann es gelingen, verstärkt Jugendliche zu motivieren?

Frage 3: Der Glasfaserausbau in der Stadt ist deutlich vorangekommen, aber vier Dörfer bleiben auf der Strecke. Was wollen Sie tun, um die drohende Versorgungslücke für Alraft, Ober-Werbe, Scheid und Selbach zu schließen?

Frage 4: Für die Wirtschaft und einen Großteil der Bevölkerung ist schnelles Internet für die Zukunft von großer Bedeutung. Ältere Einwohner ohne Internet-Anschluss werden dagegen durch zunehmende Digitalisierung Stück für Stück abgehängt. Wie wollen Sie das verhindern?

Jürgen Vollbracht Amtsinhaber

Jede Art von Bürgerbeteiligung ist gut für unsere Demokratie und bringt die Gesellschaft zusammen. Wir gehen da bereits jetzt neue Wege, indem wir beispielsweise die Bürgerinnen und Bürger in Sachsenhausen eingeladen haben, sich in einem Workshop zur Neugestaltung des Marktplatzes aktiv einzubringen. Ebenso sind durchgeführte „Dorfmoderationen“ in unseren Ortsteilen eine gute Form der direkten Bürgerbeteiligung. Auch unsere neue „Dorffunk-App“ erfreut sich bereits jetzt einer großen Beliebtheit und bietet eine weitere gute Möglichkeit der direkten Bürgerbeteiligung. Die Beteiligung von Ortsbeiräten und Vereinen vor politischen Entscheidungen sind mir sehr wichtig. Letztendlich sollte die Akzeptanz von Entscheidungen, die ein demokratisch gewähltes Gremium getroffen hat, aber auch eine Selbstverständlichkeit sein.

Insbesondere die im letzten Jahr in unseren Ortsteilen durchgeführten Dorfmoderationen haben gezeigt, dass Jugendliche sehr wohl an der Zukunft ihrer Heimat interessiert sind und diese gerne mitgestalten wollen. Die direkte Einbindung von Jugendlichen in Projekte und Entscheidungsprozesse vor Ort ist dabei sicher zielführend. Dabei gilt es, sie bereits von Anfang an direkt zu beteiligen und sich ihre Wünsche, Ideen und Vorschläge anzuhören. Es könnten darüber hinaus auch z.B. durch entsprechende Projektwochen in den Schulen weitere Ideen und Möglichkeiten erarbeitet werden, wie sich junge Menschen bereits frühzeitig für ihre Heimat und unser gemeinschaftliches Leben einbringen können. Unsere Demokratie braucht die junge Generation ganz dringend, denn nur so kann die Zukunft lebenswert für alle Generationen positiv gestaltet werden.

Ich setze mich zunächst nach wie vor persönlich für einen Ausbau durch den derzeit einzigen Anbieter (Goetel) ein und nach aktueller Auskunft des Unternehmens steht zumindest die Ampel für Scheid schon mal auf „Grün“. Auch für Alraft, Ober-Werbe und Selbach habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Die Hürden für einen geförderten Ausbau von Einzellagen und nicht ausgebauter Ortslagen sind hoch und die Stadt müsste einen nicht unerheblichen Kostenanteil tragen; ich werde daher zunächst alles dafür tun, damit die Firma Goetel ihrer ursprünglichen Zusage und damit auch ihrer moralischen Verpflichtung nachkommt und alle Ortsteile der Stadt Waldeck mit Glasfaser versorgt.

Wir sollten insbesondere die ältere Generation nicht unterschätzen; ich stelle immer mehr fest, dass auch viele ältere Menschen mittlerweile z.B. die sozialen Medien nutzen. Wir müssen aber sicher alle unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger mitnehmen, um die Vorteile der immer mehr fortschreitenden Digitalisierung für alle Bevölkerungsschichten zu nutzen. Dabei ist aber auch ein stückweit unsere gesamte Gesellschaft gefragt. Die jungen Menschen brauchen die Älteren mit ihrer Erfahrung, genauso brauchen die Älteren die Hilfe der jungen Generation beim Umgang mit der Digitalisierung. Warum sollte man z.B. nicht mal einen „Workshop“ zur Nutzung von digitalen Medien in das Programm eines Seniorennachmittages aufnehmen, bei dem die jungen Leute aus dem Ort den älteren Hilfestellung geben? Letztendlich sollten wir aber auch unsere Familien stärken, um einer Vereinsamung im Alter vorzubeugen.

Nikolas Havel Herausforderer

Meine Veranstaltungen vor Ort haben das Format von Bürgerversammlungen. Präsenz in den Orten und ein offener Austausch bringt uns Lösungen. Wir leben von Informationen und Austausch. Versammlungen müssen regelmäßig stattfinden, um Chancen zu erkennen und die Zukunft zu gestalten. Die offiziell angesetzte Versammlung in Höringhausen wurde leider abgesagt. Persönlich möchte ich in den Ortsteilen nach Ankündigung meine Büroarbeitszeit – mit offenen Türen – verbringen.

Der Workshop zur Umgestaltung des Marktplatzes in Sachsenhausen ist der richtige Ansatz. Dieses Format hätte ich mir für den Marktplatz in Waldeck ebenfalls gewünscht. Für den Ortsbeirat in Waldeck braucht es dringend eine Lösung bis zur nächsten Kommunalwahl. Ich möchte einen Bürgerrat als Übergangslösung einrichten.

Als Bürgermeister habe ich die Möglichkeit, Projekte zu steuern und Mitwirkung zu ermöglichen. Neben der Einrichtung des Jugendbeirats sehe ich die Bereitstellung von Angeboten für Kindergärten, Schulen und Vereinen als Schlüssel. Wer gemeinsam etwas bewegt und bewirkt, kommt immer wieder gerne an diesen Ankerplatz zurück. Mein Wahlkampf zeigt, dass ich junge Menschen für Kommunalpolitik begeistern kann. Es gibt viele Jugendliche, die ehrenamtlich engagiert und motiviert sind. Daher möchte ich genau diesen Schwung für die zukünftige Zusammensetzung in den Gremien nutzen. Für mich ist es wichtig generationenübergreifend Perspektiven und Erfahrungen in die Zukunft Waldecks einzubringen.

Meine Antwort ist eindeutig und einfach: Agieren statt reagieren. Als Rathausspitze muss ich auf die Telekommunikationsunternehmen zugehen und Lösungen einfordern und diskutieren. Für gleiche Lebensverhältnisse im ländlichen Raum sehe ich es als Pflichtaufgabe des Bürgermeisters sich für diese Lösungen stark zu machen. Für Scheid und Selbach ergeben sich Lösungsansätze. Für Alraft und Ober-Werbe bedarf es weiterer Diskussionen.

Ich recherchiere die Ausbauplanungen der Mobilfunknetzbetreiber. 5G bietet Datenraten, die über die aktuellen, kabelgebundenen Bandbreiten von bis zu 100 Mbit/s hinausgehen. Ich will die Ausbauplanung und Realisierung konkret bei den Netzbetreibern beschleunigen. In jedem Fall ist für die Handlungssicherheit und Klarheit eine Dokumentation unverzichtbar. Für eine vertragliche Einigung und Bedingungen zur Bauausführung. Hier gilt es, in den Austausch zu treten und nicht locker zu lassen, bis eine Lösung gefunden ist.

Die Internetnutzung im täglichen Leben ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung: Es gibt die Menschen, die Internet nutzen können und die, die es nicht können. Die Stadt und die Telekommunikationsanbieter müssen die infrastrukturellen Voraussetzung schaffen. Ich kann mir vorstellen, in jedem Ort „Digitalisierungslotsen“ zu etablieren, Menschen, die konkret unterstützen können und Zeit und Freude haben ihr Wissen zu vermitteln.

Aktuell ist es in den Familien so, dass die tendenziell jüngeren Internetnutzer in den Familien ihren Angehörigen helfen. Auch nachbarschaftlich und im Freundeskreis wird unterstützt. Flankieren können diese Selbsthilfe verschiedene Fortbildungen im DGH und Fördermöglichkeiten. Land und Bund bieten dazu Programme, die genutzt werden können.