2023 WLZ 17. 10. Zwergscharbe im Edertal gesichtet
Ornithologen gelingt Erstnachweis in Waldeck-Frankenberg
VON CONNY HÖHNE
An den Kiesbaggerteichen entdeckt: Die Zwergscharbe aus der Familie der Kormorane wurde erstmals in Waldeck-Frankenberg nachgewiesen. Foto: Bastian Meise/pr
Edertal – An den Kiesbaggerteichen zwischen Mehlen und Giflitz haben die Edertaler Ornithologen Bastian Meise und Natascha Schütze eine Zwergscharbe entdeckt. Nach Angaben der Giflitzerin, die als stellvertretende Vorsitzende in der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie (HGON) mitarbeitet, handelt es sich um den Erstnachweis für Waldeck-Frankenberg.
Diese nur gut bläßhuhngroße Verwandte des Kormorans war laut HGON über viele Jahrzehnte ein sehr seltener Brutvogel in Südosteuropa. Seit etwa 20 Jahren nehmen die Bestände aber wieder zu. In Deutschland war die Art bislang noch selten und meist in Einzelindividuen zu beobachten.
In Hessen wurden bis 2020 nur insgesamt neun Einzelvögel beobachtet. Mittlerweile nehmen die Meldungen zu. Zwergscharben wurden unter anderem auch in der Fuldaaue gesehen. Im Kreis Hersfeld-Rotenburg rasteten bis zu 22 Tiere.
Seit 2022 wird die Zwergscharbe laut Schütze als Brutvogel in Deutschland mit mehreren Paaren in einer Kolonie registriert. Insbesondere im Südosten von Deutschland, vor allem in Bayern, haben sich die Bestände erfreulich entwickelt. An einigen Gewässern wurden insgesamt mehr als 100 Zwergscharben beobachtet.
Auf der Internetseite www.birdlens.com wird von einem Verbreitungsschwerpunkt der Zwergscharbe in Mitteldeutschland berichtet. Im Edertal entdeckten Meise und Schütze erstmals am 29. August 2023 bei einem Abendspaziergang am Kiesbaggerteich nahe der Eder einen einzelnen Vogel dieser Art. „Seitdem ist er vor Ort stationär“, berichtet die Ornithologin. „Er hat einen „Lieblingsplatz“ auf einer kleinen Insel in einem Ast und einen festen Schlafbaum.“
Die Edertalerin berichtet von guten Erfolgen bei der Nahrungssuche. „Der Vogel ist diesjährig, das heißt, er wurde dieses Jahr irgendwo erbrütet.“ Ganz unerwartet kam die Entdeckung des Mini-Kormorans nicht, es war schon fast absehbar, deutet Schütze auf zunehmende Zahlen in Süddeutschland. Insbesondere mit der Brutentwicklung in Bayern sei damit zu rechnen, dass Jungvögel nach dem Flüggewerden durch die Gegend ziehen und sich nach passenden Habitaten umschauen.
Dennoch war es ein bewegender Zufall. Denn nur einen Tag, nach dem sich die beiden Vogelspezialisten darüber austauschten, dass die Zwergscharben gut an die Kiesbaggerteiche zwischen Mehlen und Giflitz passen würden, entdeckten sie den Jungvogel.
Die Chancen auf weitere Artgenossen im Edertal seien gut. „Auch in anderen Bereichen entlang der unteren Eder sind rastende Zwergscharben vorstellbar“, sagt Schütze. Gewässer ohne Störungen, Altholz und Weiden, die ins Wasser ragen, bieten Mini-Kormoranen gute Nahrungsverfügbarkeit.
Seit 2000 festgestellt
Die Zwergscharbe ist 45 bis 55 Zentimeter lang und bis zu 870 Gramm schwer. Die Art ist lückenhaft vom östlichen Mittelmeer über Kleinasien bis in den Norden Afghanistans verbreitet. Sie kommt in Europa vor allem in Russland, Griechenland, der Türkei und in Rumänien vor und nistet hauptsächlich in Kolonien. In Deutschland wird der Mini-Kormoran seit 2000 jährlich festgestellt.
Seine Nahrung besteht aus Fischen, Krebsen und kleinen Säugern. Bevorzugte Lebensräume der Zwergscharben sind dichter Schilf und Auewälder an Binnengewässern, wo die Vögel ihre Nester auf kleinen Bäumen oder Büschen bauen. Zugverhalten: Standvogel, Teil- und Strichzieher. Der europäische Brutvogelbestand wird auf etwa 38 000 bis 50 000 Exemplare geschätzt. Quelle: avi-fauna.info