2023 WLZ 02. 12. Erleichtert, dass es weitergeht
Hausärzte Maurer, Theil und Rosenthal schließen sich Gemeinschaftspraxis an
VON MARTINA BIEDENBACH
Der Hausarzt-Gemeinschaft Frankenberger Land haben sich Dr. Ingo Rosenthal (3.v. links), Dr. Heidrun Maurer (Mitte) und Dr. Paul-Michael Theil (rechts) angeschlossen. Organisiert wurde dies von dem Arzt Ralf Wittwer (4. von rechts) und von Geschäftsführer Jörg Feldmann (links). Hinten von links: Einige der Medizinischen Fachangestellten der Hausarzt-Gemeinschaft: Annett Paulenz-Theil, Nicole Böcke, Stephanie Brandt, Ulrike Syring, Doris Weiner und Birgit Fackiner. Foto: Biedenbach
Waldeck-Frankenberg – Die drei Hausärzte Dr. Heidrun Maurer (Frankenberg), Dr. Paul-Michael Theil (Geismar) und Dr. Ingo Rosenthal (Haina/Kloster) gehören ab Januar 2024 zur Hausarzt-Gemeinschaft Waldeck-Wolfhager- Land-GmbH. Sie bilden in dieser Organisation den Verbund Frankenberger Land – und werden dabei von weiteren Ärzten unterstützt.
„Das sichert nicht nur die Zukunft der drei Praxen, den Patienten werden damit auch zusätzliche Sprechstunden und diagnostische Möglichkeiten angeboten“, sagt Initiator Ralf Wittwer, der gemeinsam mit den drei Hausärzten das Konzept vorstellt. Wittwer, selbst Arzt aus Waldeck, hat bereits mehrere solcher Hausarzt-Gemeinschaften in der Region ins Leben gerufen.
Der Schritt zur Hausarzt-Gemeinschaft erfüllt die drei Mediziner nach eigenen Angaben mit Erleichterung. Denn alle drei standen vor der Frage, ob sie ihre Praxen demnächst aufgeben müssten. Dr. Heidrun Maurer und Dr. Paul-Michael Theil sind beide 66 Jahre alt. Sie gehen in Richtung Ruhestand. Passende Nachfolger für ihre Praxen hatten sich nicht gefunden. „Junge Ärzte wollen die Verantwortung für eine eigene Praxis nicht mehr übernehmen“, sagt Heidrun Maurer.
Der Hainaer Hausarzt Dr. Ingo Rosenthal ist 61 Jahre alt, hat also noch etwas Zeit bis zur Rente. Sein Problem: Er findet keine Medizinischen Fachangestellten für seine Praxis, die er seit 1992 betreibt. Eine Mitarbeiterin, die 30 Jahre bei ihm beschäftigt war, geht in Rente. Eine andere steht nach 20 Jahren aus privaten Gründen nicht mehr zur Verfügung.
„Ich bin glücklich, dass es nun weitergeht“, sagt Rosenthal. Denn durch die Kooperation der Hausärzte werden Medizinische Fachangestellte in verschiedenen Praxen tätig sein.
Glücklich sind auch seine Kollegen Maurer und Theil. Denn allen drei ermöglicht die Kooperation, dass sie künftig etwas weniger arbeiten können, die Zeit für die Patienten aber nicht gekürzt, sondern teilweise sogar erweitert wird. Alle sind seit Jahrzehnten als alleiniger Arzt in ihren Praxen tätig, mit manchmal 70 Arbeitsstunden pro Woche.
Die drei Ärzte, die ab Januar Angestellte der Hausärzte-Gemeinschaft sind, werden von weiteren angestellten Ärzten des Verbundes unterstützt. „Auch wenn der Hausarzt mal im Urlaub oder krank ist, ist zu den Sprechzeiten immer ein Arzt da“, betont Initiator Wittwer. Der 64-Jährige wird in der Anfangsphase selbst in den Praxen als Hausarzt tätig sein und auch bei der Erstellung der Dienstpläne beteiligt sein.
„Die Patienten können weiterhin Termine mit ihrem vertrauten Hausarzt vereinbaren. Bei kurzfristigen akuten Beschwerden werden sie von dem gerade anwesenden Arzt versorgt“, erläutert Wittwer. Die Patienten haben zudem die Möglichkeit, Termine in einer der anderen Praxen wahrzunehmen. Das ermöglicht laut Wittwer durchgehende Sprechstundenzeiten von montags bis donnerstags jeweils von 8 bis 19 Uhr und freitags von 8 bis 16 Uhr. Wer also zu den Öffnungszeiten seiner Hausarztpraxis nicht kommen kann, kann sich in einer der beiden anderen Praxen anmelden. Alle beteiligten Ärzte können über die EDV Einsicht in die Akten aller Patienten nehmen. „Hinzu komme auch eine Ausweitung des therapeutischen Leistungsspektrums bei Diagnostik. Therapie und Prävention. ➔ ARTIKEL UNTEN
Hausarzt-Gemeinschaften bei jungen Medizinern beliebt
Die hohe Arbeitsbelastung als Hausarzt, bei der Privat- und Familienleben kaum noch habe stattfinden können, war für den Waldecker Arzt Ralf Wittwer der Grund gewesen, sich nach einem alternativen Modell umzusehen. So gründete er 2014 die Hausarzt-Gemeinschaft Waldeck-Wolfhager Land.
Sie ist mittlerweile eine GmbH und umfasst elf Standorte in den vier Regionen Wolfhager Land, Waldeck-Edersee, Kellerwald und Knüll. Im Januar kommt die Hausarzt-Gemeinschaft Frankenberger Land hinzu. Für kommendes Jahr werden Kooperationen in Twistetal und in Ottrau (Knüll) vorbereitet, erläutert der Initiator. Es habe sich bewährt, die Hausarzt-Gemeinschaften in kleinen Clustern zu bilden, mit Hausärzten aus einer Region, die sich gegenseitig gut verstehen, schildert er.
Sein Modell erfährt großes Interesse, so dass Wittwer von zahlreichen Ärzten zu Vorträgen eingeladen wird, wie kürzlich in Würzburg.
Gesellschafter sind die Ärzte Ralf Wittwer, Sigrid Wittwer und Sarah Sandrock. Die GmbH hat mittlerweile 124 Mitarbeiter: vor allem Medizinische Fachangestellte und Ärzte sowie einen EDV-Fachmann. Geschäftsführer ist Jörg Feldmann.
Der ehemalige Waldecker Bürgermeister übernimmt mit einem kleinen Team die organisatorischen Arbeiten – „vom Klopapier bis Computer“, wie er scherzend sagt. Das Team kümmert sich zum Beispiel um die Abrechnung mit den Krankenkassen, die Betreuung der EDV-Anlage, die Beachtung von Vorschriften im Bereich Datenschutz, Brandschutz, Hygiene – alles Arbeiten, die mit dem Arztberuf an sich nichts zu tun haben. Dass sie nun wegfallen, erlaubt den Medizinern, sich mehr auf ihre Patienten konzentrieren zu können.
Und gerade diese Möglichkeit sorgt laut Wittwer dafür, dass es bei der Besetzung der Arztstellen genug junge Bewerber gebe. „Wir haben bisher jede freie Stelle besetzen können“, freut er sich.
Das habe auch dazu geführt, dass er selbst sich aus seiner Hausarzt-Gemeinschaft im Bereich Waldeck habe zurückziehen können. Ein junges Team versorge die Patienten. Das gebe ihm den Freiraum für die Organisation der Hausarzt-Gemeinschaften und dem Mitwirken dort auch als Arzt. mab