XIX 2018 TV Höringhausen, 1. Klönabend am 2. 3.
- Klönabend
im Sportlerheim am Freitag, 02.03.2018, ab 18.00 Uhr.
Der Vorstand des TV 08 Höringhausen lädt zum Feierabend alle Vereinsmitglieder sowie Freunde und Bekannte zum 1. Klönabend ein. Für Getränke und einen kleinen Imbiss ist gesorgt.
Wir freuen uns auf ein paar unterhaltsame Stunden und gute Gespräche mit Euch.
H. Figge trägt mit folgendem Artikel dazu bei:
Einige Episoden aus den Anfängen der Turn- und Sportvereine nach dem Kriege
Von Gerhard Sauer (In der WLZ 1999)
WALDECK-HÖRINGHAUSEN. Es war erstaunlich, wie schnell sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges trotz aller Not, die damals herrschte, wieder in vielen Orten ein Vereinsleben zu regen begann. Rückblickend glaube ich, daß man die soziologische Bedeutung dieser Entwicklung für den Wiederaufbau unseres Landes gar nicht hoch genug einschätzen kann. Gemeinsinn und Motivation für ein erstrebenswertes Ziel wurden geweckt. Turn-, Sport- und Gesangvereine wurden gegründet oder reaktiviert. Jung wie alt nahm tätigen Anteil daran. Hier soll die Rede vom Geräteturnen sein, das mich besonders interessierte.
In Höringhausen gab es 1947 in Fresen (Hausname Neuendörfers) Saal noch einen alten Barren, ein Turnpferd, ein Reck und eine ziemlich kratzige Kokosmatte – Voraussetzungen für uns damals 12- bis 17jährige, unter Anleitung älterer Turner in Übungsstunden, die einmal wöchentlich abends stattfanden, den mühsamen Weg des Geräteturnens zu beginnen.
Der Beste war „Neuendörfers Heini“, der sogar am Reck eine Riesenwelle schaffte, gefolgt von „Eisenbergs Max“ (Handstand am Barren) und „Drewesen Flitzer“ (Sprung über das Längspferd). Da konnten wir nur staunen! Für uns Anfänger hieß es zunächst einmal ganz einfach zu beginnen. Die Rolle vorwärts am Boden, kein Problem, die Rolle rückwärts war da schon schwieriger, reden wir gar nicht erst von waghalsigen Versuchen, einen Handstandüberschlag zu erlernen – so etwas endete mit blauen Flecken.
Kunstturnen gab es damals auch schon, wie man der Waldeckischen Landeszeitung entnehmen konnte. Wir sollten sogar die Gelegenheit erhalten, dies direkt erleben zu können: Die Hessenriege hatte sich in Korbach angesagt! Aber wie abends wieder zurückkommen, nachdem der letzte Zug schon am frühen Abend fuhr? Da erwies sich „Schmidts August“ mit seinem Lastauto als Retter.
Es muß im Dürresommer 1947 gewesen sein, als selbst die Wildschweine im Wald verdursteten; wir saßen dicht gedrängt auf der offenen Pritsche, und es ging auf der schlaglochübersäten Straße über Strothe nach Korbach. Kilometerweit hinterließen wir eine riesige Staubwolke. So sahen wir auch aus, als wir uns in der Stadthalle einfanden.
Nichtsdestoweniger begeistert schauten wir den Übungen unserer Idole zu. Riesenfelgen, Kammgriffriesen, Kreisflanken am Pferd, sogar einen Salto rückwärts erlebten wir. Aber auch einen glimpflich verlaufenen Sturz vom Reck, der den Atem stocken ließ. Meine Güte! Wenn ich heute zurückdenke! Wer hätte sich damals die heutige, scheinbar schwerelose Artistik des Turnens vorstellen können. Und schon scheint die Beherrschung des menschlichen Körpers noch nicht bis zum Ende ausgereizt zu sein. Schon gibt es gestreckte Doppelsalti mit Schraube am Boden zu sehen oder Zweifachsalti vom Reck. Warten wir ab, was noch kommt!
Zweimal Handstandüberschlag: Noch etwas unbeholfen auf dem Sportplatz 1947 und perfekt fünf Jahre später in der Halle.
Turnwettkämpfe
Mit der Zeit erwarben wir bescheidene Fertigkeiten, einfache Übungen gelangen uns mehr schlecht als recht, aber ein gewisser Ehrgeiz erwachte. So wurden erste Vergleichskämpfe ausgetragen. Ein Wettkampf zwischen uns Höringhäusern, Külte und Landau fand 1949 statt. Wie er ausging, weiß ich nicht mehr. Eines war allerdings bei all diesen die Gemüter bewegenden Ereignissen klar: Der ganze Ort nahm Anteil. Noch waren wir weit entfernt von der heutigen Fernsehgesellschaft, bei der ein Gemeinschaftsleben wie in jenen Jahren nicht mehr vorstellbar ist. Es wurde gefeiert, und wie!
Einer von uns, der am nächsten Morgen Frühschicht hatte, verschlief. Wen wundert es. Nur – der Frühzug von Sachsenhausen stand am Montagmorgen vor dem geschlossenen Signal an Wantrups Brücke! Es bedurfte etlicher lauter Pfiffe der Lokomotive, bis sich endlich nach langen Minuten des Wartens der Signalflügel hob und damit die Einfahrt in den Bahnhof freigab. Nun, den Kopf hat man dem Turnbruder deswegen nicht gleich abgerissen. Damals konnte man Hoch vieles entspannter sehen als im heutigen ICE-Zeitalter.
Ich hatte mich, auch weil ich dort zur Schule ging, dem TV 1850 Korbach angeschlossen. Dort gab es einen richtigen Turnlehrer, den Franz Beyer, der uns trainierte. Das Vereinsleben blühte, ja, es florierte und beherrschte unsere ganze Freizeit. Noch dazu das Turnerheim auf Scheid, welch herrliche Zeit verbrachten wir dort. Fest eingebunden in die Gemeinschaft vollzog sich unsere Jugendentwicklung.
Das Ettelsbergfest
Mein Vater, 1948 aus der Gefangenschaft zurückgekehrt, nahm sich intensiv der Entwicklung des Turnens in Waldeck. an, und er wurde zum Gauobertumwart gewählt. Er gehörte zu den Mitinitiatoren des Ettelsbergfestes.
Mein Valor, 1948 aus der Gefangenschaft zurückgekehrt, nahm sich intensiv der Entwicklung des Turnens in Waldeck an, und er wurde zum Gauoberturnwart gewählt. Er gehörte zu den Mitinitiatoren des Ettelshergfestes in Willingen, das stets viele Besucher anzog. Weit ging der Blick von dort oben über die Uplandberge; welch eine Umgebung, besonders wenn die Heide blühte! Vor Beginn der sportlichen Wettkämpfe in der Frühe hielt Pfarrer Huelsekopf, vielen von uns noch in Erinnerung, eine flammende Predigt. „Konzentration“ – diesen Begriff hatte er gewählt. Mit dieser moralischen Stärkung konnten wir beginnen.
Ich verbinde aber auch mit einem dieser Ettelsbergfeste eine Erinnerung, die sich nicht auslöschen läßt. Die Turnvereine betrieben damals auch Leichtathletik, und so war ein Areal für das Kugelstoßen abgesteckt. Es gibt ja, wenn ich mich recht erinnere, für Männer eine 15-Pfund-Kugel und für Frauen und Junioren eine etwa halb so schwere. Hier geht es um das letztgenannte Kaliber. Ich sehe noch, wie eine solche dem Wettkämpfer entglitt und in direkter Flugbahn eine Zuschauerin an der Schläfe traf! Aber, keine Angst! Wir waren alle schockiert, die Frau wurde sogleich in das Krankenhaus gebracht, und die Nachricht erreichte uns später – unglaublich, aber wahr, nur Gehirnerschütterung.
Das bringt mich zu einer Geschichte, die mein Vater erzählte. In seiner Jugend, in den zwanziger Jahren, beteiligte er sich öfter in Höringhausen an Sonntagnachmittagen an Leichtathletikübungen, die unter großer Anteilnahme der Dorfbevölkerung auf einer Wiese neben Neuendörfers Saal stattfanden. Zwar waren die Zuschauer an der Seite platziert, aber der alte „Susannes Heinrich“ drängte sich zu weit vor. Mein Vater hatte den Speer schon abgeworfen und – Susannes Heinrich wurde durch das Hosenbein, ohne auch nur eine Schramme davonzutragen, mit dem Speer am Boden festgenagelt!
Gauriege in den 50er Jahren
In wechselnder Zusammensetzung bestritt die Gauriege des Turnkreises Waldeck in erster Linie Schauturnveranstaltungen, die sich meist an Wochenenden auf den Bühnen der verschiedensten Dorfgasthäuser abspielten. Was gab es damals auch schon an Attraktionen, abgesehen von den nachmittäglichen Fußball- oder Handballspielen?
Natürlich wurden auch Wettkämpf* bestritten Und das kam so: Einer riet besten Turner der Gauriege, Christian Engelhard aus Külte, und ich hatten unseren Wohnsitz zum Studieren
Natürlich wurden auch Wettkämpfe bestritten. Und das kam so: Einer der besten Turner der Gauriege, Christian Engelhard aus Külte, und ich halten unseren Wohnsitz zum Studieren nach Marburg verlegt Zeitweise bewohnten wir die gleiche Dachbude Was lag näher, als Anschluß bei den Marhurger Studententurnern im Institut für Leibesübungen zu suchen? So ergaben sich bald enge Kontakte zu der Waldecker Gauriege. Insgesamt sechsmal war die Turnriege in Waldeck zu Gast, davon dreimal in Vöhl. In der Henkelhalle fanden die Wettkämpfe statt. Ich war stets als Betreuer dabei, meine für das Leistungsturnen unvorteilhafte Körpergröße von 186 cm verhinderte eine Teilnahme an Wettkämpfen dieses Niveaus, zum Schauturnen reichte es aber.
Kurzum, wir hatten viel Spaß in Vöhl. Vor mir liegen alte Zeitungsausschnitte aus der WLZ. Da heißt es am 17 12 1956: „Christian Engelhard bester
Waldecker.“ „Uni Marburg stellte in Vöhl die stärkere Mannschaft, die 262,35:255,00 siegte“. Auch in zwei weiteren Artikeln, einer vom 26. 1 1960, herrscht der gleiche Tenor.
Autos auf der Tanzfläche
Ruhwedels Gasthaus bildete damals stets das Hauptquartier. Einmal gab es Ungemach, als sich „ Haba“ Fritsche aus der Uniriege im Gästezimmer im 1. Stock allzu heftig die Füße wusch: Das Waschbecken samt Hahn brach weg – und für geraume Zeit ergoß sich ein Sturzbach über die Treppe.
Doch hier soll das Treffen erwähnt werden, bei dem sich die Uniriege aufteilen mußte, weil zugleich in Berndorf und in Külte (1958) Vereinsfeiern zu begehen waren. Ich gehörte zu denen, die zum Schauturnen nach Berndorf beordert waren. Nachdem der offizielle Teil beendet war, packte uns irgendwie das Heimweh nach der der Riege in Külte. Mein Vater gab mir unseren alten VW, und ohne viel Federlesen, wir waren sicher sechs Personen (!), ging es zu vorgerückter Stunde nach Külte.
„Brünen“ Scheune war mit aufgestellten Tischen, einer Art Empore für die Kapelle und einer großen Tanzfläche für das 50 Jubiläum hergerichtet worden. Uns präsentierte sie sich hell erleuchtet und mit weit geöffnetem Tor.
Es muß bei unserer Ankunft gerade eine Tanzpause gewesen sein. Mich ritt der Teufel. Laut hupend befuhr ich die Tanzfläche. Die Überraschung war perfekt! Mit lautem Gejohle der freudig erregten Festteilnehmer – allen voran der Lokalmatador Christian – wurden wir empfangen. Die Kapelle spielte einen Tusch, und das war der Auslöser. Im Handumdrehen fühlten sich noch zwei weitere Külter Autobesitzer angeregt, sich mir im Reigen auf der Tanzfläche anzuschließen. Mir folgte ein nagelneuer blauer VW. In einer Pause stellte sich Christian, der auf das äußerste echauffiert war, rückwärts vor jenen VW, sprang aus Begeisterung in die Höhe – und landete mitten auf dem Kofferraumdeckel.
Es gab einen Schlag und er saß wie in einer Wanne in dem nun konvex verformten Deckel. Plötzlich ernüchtert, wollte er sich bei dem Fahrer entschuldigen. «Wat Du wohl häst? Dat maket gamix“, war die verblüffende
Antwort. Der ganz unbeeindruckte Besitzer zog an dem Knopf im Wageninnere, die Haube sprang auf und er trat mit dem Fuß dagegen. Bomg machte es, und die Haube sprang in ihre Form zurück. Er soll beim Heimgehen nach diesem ramschenden Fest einen der Marburger Turner als Schutzschild vor dem Zorn seiner Frau vor sich geschoben haben
Einmal geht alles vorüber, und so such diese unbeschwerte Zeit. Unsere Lebenswege trennten sich, aber viele Freundschaften blieben während des ganzen Lebens bestehen. Der Christian kann das bestätigen.
Wettkampf in Vöhl 1955. Links die Uniriege aus Marburg, vorn Friedrich Sauer, links die Gauriege Waldeck.