Geschichte und Geschichten aus Höringhausen: Eine amüsante Begebenheit aus alter Zeit

Amtschultheiß Eigenbrodt und die waldeckische Grenzsituation:
Man wird den Waldeckischen schon zeigen, wo der Hase im Pfeffer liegt / Aus dem Höringhäuser Heimatarchiv / Mitgeteilt von Friedrich Sauer am 08. 11. 1963 in der WLZ .

Es ist nicht ohne Reiz, die alten Gemeindearchive zu durchblättern. Man stößt dabei nicht nur auf Akten, die uns heute nur noch wenig zu sagen haben; oft finden sich Schriftstücke ebenso heiteren wie aufschlußreichen Inhalts. Von einem solchen Dokument soll hier be­richtet werden:
ln früheren Jahrhunderten, als man noch keine Land Vermessungen kannte, waren die Gemeinde- oder Landesgrenzen meist durch Bachläufe, besonders markante Bäume, oder durch Höhenwege bezeichnet. Nur dort, wo eine an­dere Markierung nicht möglich war, standen Grenzsteine. Es gab auch noch keine Karten, wie wir sie heute ken­nen, so daß die Grenzen immer besondere Streitobjekte waren und ständige Zwistigkeiten der Anlieger auslösten. In Grenz-rezessen war der Grenzverlauf be­schrieben. Aus dieser Zeit stammen die sog. Schnadezüge (Grenzbegänge), die den Zweck hatten, den Verlauf der Ge­meinde- oder Landes-grenzen im Ge­dächtnis zu behalten. Diese Grenzbe­gänge wurden in bestimmten Zeitab­ständen von den Landesfürsten befohlen.
Im Jahre 1751 war von waldeckischer Seite eine Grenzvisitation der Landesgrenze gegen die damalige Exklave Hö­ringhausen, die zu Hessen-Darmstadt gehörte, angeordnet worden. Der dama­lige Amtsschultheiß Eigenbrodt aus Vöhl schrieb an den herrschaftlichen Dorfrichter (Bürgermeister) Lorentz Stiel in Höringhausen am 19. April 1751 einen Brief mit folgendem Inhalt:

Besonders lieber Richter und verehrter Freundt!

„Waß Ihr wegen der Von denen Fürstl. Waldeckischen abermals befohlenen Gränz-Visitation berichtet, solches Ist wohl gethan, doch kann dergleichen nichts schaden, sondern das geschieht daßselbe nur zu ihrer Information, und wenn wir dergleichen von unserer Seite thun, ist es auch erlaubt und ebenfalls denen Waldeckischen nicht schaden. Indessen sichet man doch Vorläufig, wo dieselben hinauswollen, allein es wird ihnen doch wohl nach ihren Gedanken nicht gehen, sondern man wird hienächst denen Waldeckischen schon zeigen, wo der Hase im Pfeffer lieget. Damit Ihr aber der Gräntze, und wie wir selbige zu behaupten gedenken, auch solche in anno 1681 ohne widerspruch bezogen haben, recht kundig seyen möget, so Überschicke ich Euch hierbey den Gräntz-Receß de anno 1681, nach welchem Ihr nebst etlichen alten Leuten, welche wohl schweigen müßen, und davon niemand etwas offenbaren dürfen, die Gräntze in der Stille umgehen könnt, so werdet Ihr, wenn es etlichemale geschieht, der Gräntze recht kundig, und könnet selbige, wenn die Visitation geschieht, vollkommen ohne Anstoß zeigen und voran gehen.
Den Gräntz-Receß könnet Ihr behal­ten, müßt aber selbigen ja Niemanden weisen und dessen Inhalt nicht offenbaren“.

Womit Gott befohlen.

Vöhl, den 19. April 1751.

                                                                      Eigenbrodt.

Beim Lesen dieses Briefes kann man sich eines Lächelns nicht erwehren. Der großherzogliche Beamte des Amtes Vöhl hatte wohl selbst einige Bedenken wegen des Grenzverlaufes.
Er verstand es aber, mit der Schlauheit eines Fuchses seinem Schreiben einen geheimnisvollen Inhalt zu geben und mutet dem Dorfrichter in Höringhausen noch zu, die Grenze in aller Stille etliche Male zu umgehen, um ihrer recht kundig zu werden. Der Dorfrichter nebst einigen alten schweigsamen Leuten des Dorfes, die dabei mitgehen sollten, hatten also jedesmal 20—25 km zu laufen.
Im Jahre 1752 sind die heute noch vorhandenen großen Gemarkungsgrenzsteine gesetzt und damit der Streit wohl endgültig beigelegt worden. Ver­mutlich deutete Amtschultheiß Eigenbrodt mit dem Satz: „Man wird hier nächst denen Waldeckischen schon zei­gen, wo der Hase im Pfeffer lieget“, auf die zwei Jahre später erfolgte Vermar­kung der Grenzen hin.
Die Grenzsteine tragen auf der, In­nenseite den hessischen Löwen sowie Nr. und Jahreszahl 1753; auf der waldecki- schen Seite den Waldecker Stern, die Nr. und Jahreszahl.  Viele außerdem noch die Buchstaben G und H {Groß­herzogtum Hessen) sowie F und W (Fürstentum Waldeck). Der Volksmund hat damals diesen Buchstaben eine be­sondere Bedeutung gegeben, die noch heute geläufig ist: „Großen Hunger auf frische Wurst“. Damit wurde die Armut der Gemeinde Höringhausen in damali­ger Zeit zum Ausdruck gebracht.
Der Volksmund hat damals diesen Buchstaben eine be­sondere Bedeutung gegeben, die noch heute geläufig ist: Großen Hunger auf frische Wurst“. Damit wurde die Armut der Gemeinde Höringhausen in damali­ger Zeit zum Ausdruck gebracht.