2022 WLZ 26. 10. Der Gänsebraten wird teurer
Hohe Futterkosten und Vogelgrippe verursachen Preisanstieg
VON STEFANIE RÖSNER
Waldeck-Frankenberg – Der traditionelle Gänsebraten zum Weihnachtsfest wird in diesem Jahr teurer. Manche Gastronomen bieten ihn überhaupt nicht mehr an, weil Züchter ihre Bestände reduziert haben und die Preise stark gestiegen sind, berichtet Friederike Sauer. In ihrem Gasthaus in Asel wird die Weihnachtsgans nur noch auf Bestellung zubereitet und nicht mehr wie sonst auch vorrätig zu haben sein.
Die Gans als Festtagsbraten sei jedes Jahr wieder bereits ab November ein begehrtes Gericht. „Die Nachfrage ist da, und die Kunden sind auch bereit, mehr dafür zu bezahlen“, sagt Friederike Sauer. Allerdings müssen die Gastronomen bei Einkaufspreisen, die sich mehr als verdoppelt hätten, ganz genau kalkulieren.
Während das Gasthaus für ein Drei-Gänge-Menü mit frisch gebratener Gans bislang 30 Euro pro Person nahm, werden nun rund 40 Euro berechnet. „Wir geben nur die Materialkosten weiter“, betont Sauer. Nicht nur die Einkaufspreise seien gestiegen – auch für Strom und zum Heizen fallen mehr Kosten an. Sie erklärt: „Eine Fünf-Kilo-Gans muss fünf Stunden lang im Ofen garen“, und dafür werde eben viel Energie benötigt.
Den Gänsezüchtern in Waldeck-Frankenberg machen mehrere Faktoren zu schaffen. Einmal sei es die Vogelgrippe, die in vielen Regionen dazu geführt habe, dass Geflügel gekeult wurde, erklärt Gerd Weinreich aus Gemünden. Deshalb waren Gänseküken im Frühjahr auch sehr knapp.
Er habe seine eigenen Bestände aus verschiedenen Gründen um 90 Prozent reduziert und züchte nur noch eine kleine Herde an Gänsen für seine treuesten Kunden, berichtet Weinreich.
„Die Preise für Futter und für Küken haben sich verdoppelt“, sagt Karl Walter Hamel, Gänsehalter aus Meineringhausen. Er hat auch in diesem Jahr mehrere Hundert Gänse aufgezogen, die er vornehmlich an private Kunden verkauft. Anfragen gebe es täglich, auch wenn er den Preis von 14 auf 16 Euro pro Kilo angehoben habe. Er füttert seine Freilandgänse mit Getreide wie Gerste und Weizen, das teurer geworden ist.
Sein Vorteil sei, dass er die Tiere selbst schlachtet, wovon er sich bessere Margen verspricht, obwohl er auch dabei die steigenden Kosten für Strom und Heißwasser einberechnen muss. Er sagt: „Der Gänsebraten ist nach wie vor beliebt, vor allem während der Coronazeit war dieser mehr nachgefragt worden.“ ➔ SEITE 6
Sammelt im Betrieb jedes Jahr neue Erfahrungen: Karl Walter Hamel mästet Gänse in Meineringhausen. Foto: Rösner
Korbach-Meineringhausen – Mit 14 Gänsen fing Karl Walter Hamel im Jahr 1987 an. „Das war ein Spontankauf auf dem Arolser Viehmarkt“, erzählt der 62-Jährige. Heute hält der Landwirt mehrere Hundert Gänse im Freiland auf seinem Hof am Ortseingang von Meineringhausen. Bald sind die Gänse fett, dann wird Karl Walter Hamel sie schlachten, rupfen und verkaufen.
Sein alljährliches Geschäft sei nach wie vor gefragt. Denn die klassische Weihnachtsgans komme bei vielen traditionell an den Feiertagen zum Jahresende auf den Tisch. „Zu Weihnachten gönnt man sich schon mal was“, weiß Karl Walter Hamel über seine Kunden zu berichten. „Das ist für die meisten eine einmalige Sache, ein Ritual, ähnlich wie der Weihnachtsbaum.“
Diese bestellen auch in diesem Jahr rege – auch wenn die Festtagsgans teurer wird. Mit rund 80 Euro pro Gans müssten Kunden rechnen, sagt Hamel. Denn pro Kilo nimmt er nun 16 anstatt bisher 14 Euro, und eine Gans wiege um die fünf Kilogramm.
Ob es sich dieses Jahr für den Bauern lohnen wird, weiß er noch nicht genau. Fest steht, dass seine Ausgaben enorm gestiegen sind. Gänse hätten eine schlechte Futterverwertung, das heißt, sie fressen viel, weshalb Hamel tonnenweise Getreide einkaufen musste – in diesem Jahr zu viel höheren Preisen.
Doch mit unkalkulierbaren Risiken muss der Mäster immer rechnen. Im vergangenen Jahr war es der Fuchs, der für böse Überraschungen sorgte und Verluste brachte. In diesem Jahr hat die Vogelgrippe Geflügelhaltern Sorgen bereitet.
Nach Ausbrüchen in mehreren europäischen Ländern besteht das Risiko einer weiteren Welle. Waldeck-Frankenberg ist bislang von massiven Ausbrüchen verschont geblieben. s