XIX 2022 WLZ 08. 01. Lebensraum fürs Rebhuhn schaffen

Vom „Allerweltvogel“ zur gefährdeten Art – Kreis fördert Hilfsprojekte

VON DR. KARL SCHILLING

Auf der Roten Liste der stark gefährdeten Arten: das früher auf Wiesen und Feldern auch in Waldeck-Frankenberg weit verbreitete Rebhuhn. Diese Gruppe hat der kürzlich gestorbene Dieter Bark aufgenommen. Foto: Dieter Bark/Archiv

Auf der Roten Liste der stark gefährdeten Arten: das früher auf Wiesen und Feldern auch in Waldeck-Frankenberg weit verbreitete Rebhuhn. Diese Gruppe hat der kürzlich gestorbene Dieter Bark aufgenommen. Foto: Dieter Bark/Archiv

Auf der Roten Liste der stark gefährdeten Arten: das früher auf Wiesen und Feldern auch in Waldeck-Frankenberg weit verbreitete Rebhuhn. Diese Gruppe hat der kürzlich gestorbene Dieter Bark aufgenommen. Foto: Dieter Bark/Archiv

Waldeck-Frankenberg – Das Rebhuhn war einst ein „Allerweltvogel“, der auch im Kreis auf vielen Wiesen und Feldern anzutreffen war. Doch seit Mitte der 1970er Jahre sind die Bestände in ganz Europa um 95 Prozent eingebrochen – der Hühnervogel steht inzwischen auf der Roten Liste der stark gefährdeten Arten. Deshalb fragte der Edertaler SPD-Abgeordnete Dieter Schaake im Kreistag nach, was der Kreisausschuss für die Vögel unternehme.

Der Kreis fördere Vorhaben, um den Lebensraum für Arten der offenen Feldflur zu verbessern, antwortete der bis Jahresende 2021 amtierende Landrat Dr. Reinhard Kubat. Außerdem berate er Projektträger. Für die Umsetzung würden Gelder des Kreises, des Landes und des Bundes zur Förderung der Artenvielfalt eingesetzt. Er nannte vier erfolgreiche Projekte:

■  Auf dem Jungferhügel zwischen Schreufa und Viermünden habe der Kreisverband des Naturschutzbundes einen Komplex mit extensiv genutztem Grünland entwickelt. Das Rebhuhn-Vorkommen sei dort 2020 bestätigt worden.

In der Werbeaue zwischen Strothe und Höringhausen habe der Korbacher NABU Gelder für naturschutzrechtliche „Ausgleichsmaßnahmen“ für die Entwicklung von Flächen im Biotopverbund erhalten, berichtete Dr. Kubat. Dort seien im Frühjahr 2021 drei Männchen und eine erfolgreiche Brut nachgewiesen worden.

■  Im Magerrasen-Verbundprojekt Marbeck zwischen Nordenbeck und Dorfitter habe der Korbacher NABU Ausgleichsflächen der Stadt Korbach gekauft und entwickelt. Für dieses Jahr liege ein Brutnachweis vor, dort lebe ein Familienverband mit 15 Tieren.

■  In der Ederaue bei Röddenau wurde eine Ausgleichsfläche für den Bau der Umgehungsstraße geschaffen. Dort sei das Rebhuhn seit 2021 bestätigt.

Dr. Kubat verwies zudem auf Flächen mit Ackerwildkräutern in Odershausen, Bad Wildungen, Braunau, Rengershausen, Dodenau und Reddighausen, die mit Landesgeldern zur Förderung der Artenvielfalt und in Zusammenarbeit mit den Landwirten vor Ort betreut würden.

Zum Schutz von Rebhühnern fördere das hessische Programm für Agrarumwelt- und Landschaftspflege-Maßnahmen, kurz „HALM“, mehrjährige Blühstreifen, die sich auch als Brutflächen eigneten. 2021 seien erstmals Fördergelder für 4,4 Hektar bewilligt worden, auf denen auf fünf Jahre ausgelegte Blühstreifen angelegt werden. Im Herbst 2020 startete wie berichtet ein Rebhuhn-Projekt in Basdorf, bei dem die Landwirtschaft, der Naturschutz und Jäger zusammenwirken.

Dr. Kubat berichtete von weiteren Vorstößen: Die Biologische Station im Hochsauerlandkreis hatte die Medebacher Bucht für das auf mehrere Jahre ausgelegte Projekt „Rebhuhn retten – Vielfalt fördern“ des Bundesprogramms „Biologische Vielfalt“ angemeldet – wurde aber bei der Projektauswahl Ende November nicht berücksichtigt. Auch Hochflächen in Lichtenfels hätten zum Fördergebiet gehört.

Ebenfalls gescheitert sei Anfang 2020 ein Förderantrag, in Gemarkungen in Diemelstadt und Bad Arolsen ein Schutzprojekt zu starten.

Die Grünen im Kreistag hatten schon 2019 Anträge gestellt, um die Population zu stärken. In Korbach lehnten die Stadtverordneten im Dezember 2019 ein von den Grünen beantragtes Projekt zur Wiederansiedlung des Feldhühnchens ab.

Hintergrund

Bestand im Kreis ist um 84 Prozent gesunken

Das Rebhuhn brütet in Waldeck-Frankenberg nur noch an wenigen Stellen. Wie der Mitbegründer der „Vogelkundlichen Hefte im Edertal“, Wolfgang Lübcke vom Naturschutzbund, berichtet, wurden 1991 allein bei Bad Wildungen 35 Brutreviere gezählt. 2016 waren es im gesamten Kreis nur neun Reviere oder Revierverdachte und an sieben Stellen Brutbeobachtungen gemeldet. Zwischen 1990 und 2013 sei der Bestand im Kreis um 84 Prozent zurückgegangen.Biologen sehen einen Grund für den Schwund der Population in einer „Intensivierung und Technisierung der Landwirtschaft“. Zum einen gehe Lebensraum verloren. Außerdem gelten Pflanzenschutzmittel als Gefahr für Insekten, deren Vorkommen ebenfalls stark zurückgegangen ist. Gerade Küken bräuchten Insekten als Nahrung, fehlen sie, drohen viele Jungvögel zu verhungern.  -sg-