2024 WLZ 20. 03. Mehr als 1000 Arbeiter aus fünf Nationen beteiligt

Friedrich Wiesemann schildert beim Geschichtsverein den Bau der Edertalsperre

VON KARL-HERMANN VÖLKER

Ruine des Klosters Berich, Sohle der Staumauer: Mit vielen historischen Fotos, zu sehen auf der Großbildleinwand der Mauritiuskapelle, illustrierte Heimatforscher Friedrich Wiesemann die Geschichte des Edersees. Foto: Karl-Hermann Völker

Frankenberg – Als sich 1906 im Edertal Pläne für den Bau der damals größten Talsperre Europas verdichteten, herrschte in den betroffenen Dörfern und Weilern große Aufregung. Friedrich Wiesemann (Korbach), Heimatforscher und Mitglied des Waldeckischen Geschichtsvereins, schilderte in der Mauritiuskapelle des Museums im Kloster Frankenberg diese bewegte Zeit mit vielen historischen Fotos.

Vor den Mitgliedern und Gästen des Frankenberger Geschichtsvereins zeichnete er dabei das Bild eines von landwirtschaftlichen Flächen bestimmten Tals, in dem wegen der geplanten Flutung drei Dörfer aufgegeben werden und 900 Menschen ihre Heimat verlassen sollten. Wiesemann beschrieb den Bedeutungswandel des Stausee-Projektes von Hochwasserschutz, Wasserregulierung für die Weser und Stromgewinnung bis zum heutigen Tourismusangebot.

Noch heute erinnert der Fernwanderweg „Eisensteinweg“ daran, wie damals mit Pferdewagen eisenerzhaltiges Gestein von der Grube Christiane in Adorf über Korbach bis zur Bericher Hütte im heutigen Edersee transportiert wurde – sie verschwand ebenso unter den Fluten des Stausees wie der Nieder-Werber Hammer oder die Stollmühle.

Wiesemann brachte auch eine Kopie des Enteignungsgesetzes aus dem „Fürstlich Waldeckischen Regierungsblatt“ vom August 1906 mit. Fotografien erinnerten an den Abschied der Dorfgemeinschaft vor der Kirche von Asel und den letzten Kirchgang am Gotteshaus von Nieder-Werbe, das ebenfalls dem Wasser weichen musste. In Berich wurden von 134 Einwohnern 26 Gehöfte aufgegeben. Mehr als 1000 Arbeiter aus fünf Nationen, so Friedrich Wiesemann waren von 1908 bis 1913 am Bau des Staudamms beteiligt. „Können Sie ein fröhliches Gesicht erkennen?“, fragte der Chronist, als er ein Foto von einer Maurergruppe zeigte. Kaiser Wilhelm II. überzeugte sich persönlich bei Besuchen vom Baufortschritt, kam aber zur Einweihung wegen des Kriegsausbruchs 1914 nicht mehr.

In der Nacht vom 16. auf 17. Mai 1943 wurde im Zweiten Weltkrieg die Sperrmauer bei einem Luftangriff englischer Flieger getroffen. Im Publikum des Frankenberger Geschichtsvereins saßen zwei Zeitzeugen, die damals fünf Jahre alt waren und sich noch an die schrecklichen Folgen der Flutwelle, in der 68 Menschen umkamen, erinnerten.

Mit der Nachricht in den Dankesworten der Vorsitzenden des Frankenberger Geschichtsvereins, Ruth Piro-Klein, dass die schmiedeeiserne Turmuhr aus dem früheren Heimatmuseum im April an ihren Herkunftsort Oberwerba zurückkehren wird, erfreute sie den dort aufgewachsenen Heimatforscher Wiesemann.

Der mehrarmige Deckenleuchter mit Kerzen aus der alten Kirche Oberwerba wird aber weiterhin die Mauritiuskapelle von St. Georgenberg schmücken.