2024 WLZ 19. 07. Glasfaserausbau verteuert den Straßenunterhalt

Waldeck – Der Ausbau des Glasfasernetzes durch private Unternehmen kostet die Städte und Gemeinden kein Geld. Diese Behauptung lässt sich nicht halten. Das sagt jedenfalls der Waldecker Bürgermeister Jürgen Vollbracht in Reaktion auf eine Große Anfrage der Grünen-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung. Die Stadtverordneten wollten wissen, welche Schäden mangelhafte Bauausführung in Zukunft für die städtischen Finanzen auslösen könnte.
Genau konnte der Verwaltungschef das noch nicht beziffern. Fest steht aus Sicht der Verwaltung allerdings: Die Kosten der Kommune für den Straßenunterhalt steigen in Zukunft aufgrund mehrerer Ursachen. Ein eigens beauftragter Bauüberwacher hat seit März eine lange Liste von Mängeln beim Betreiben und Wiederverschließen der Glasfaserbaustellen protokolliert. su
Glasfaserausbau bringt Risiken für Stadtkasse
Waldecks Bürgermeister: Mangelhafte Bauausführung von Privat verteuert Straßenunterhalt
VON MATTHIAS SCHULDT

Zum „Nachschärfen“: Spuren des Glasfaserausbaus in Sachsenhausen. Foto: Schuldt

Waldeck – Mögliche Schäden in Euro und Cent für die Stadtkasse als Folge schlecht ausgeführter Arbeiten beschäftigten die Stadtverordnetenversammlung in ihrer jüngsten Sitzung. Bürgermeister Jürgen Vollbracht beantwortete eine Große Anfrage der Grünen dazu.
Die Verwaltung beauftragte im März 2024 einen „externen Bauüberwacher“. Wöchentlich suche der Fachmann die Glasfaser-Baustellen auf. Er soll die Stadt unterstützen, ihre Interessen am Erhalt der eigenen Straßen zu wahren. Vollbracht berichtete von Verstößen und Mängeln, die der Kontrolleur an Goetel eigenen Baustellen festgestellt habe.
Das Material, das die Bautrupps ausgehoben oder abgefräst hatten, sei in Gräben und Regeneinläufen gelandet. Es habe an Nachweisen gefehlt für die Herkunft des Materials, das für die Asphalttrag- und -deckschicht verwendet wurde. Ebenso hätten Belege gefehlt, dass sich das verwendete Material für diesen Zweck eignet.
Der Kontrolleur moniert fehlende oder „nicht auskömmliche“ Nachweise über das Verdichten beim Schließen der Gräben. Asphaltkanten seien nicht nachgeschnitten worden.
Bezüglich der Lagerplätze monierte er dreierlei: verspätetes Räumen. Die Baufirmen hätten teils größere Flächen genutzt als erlaubt. In anderen Fällen lagerten sie Material an Stellen, für die keine Genehmigung vorlag.
Baustellen seien schlecht gesichert worden mit Blick auf den Verkehr, notierte der Bauüberwacher. Die Baufirmen hätten beim Verlegen der Leitungen zu geringe Abstände zu anderen Versorgungsleitungen gehalten. Glasfaserkabel seien zu dicht unter der Oberfläche angelegt worden. Die vorgeschriebenen Dokumentationen für die neuen Leitungen fehlten oder wurden „erwartbar verspätet“ präsentiert. „In den wöchentlichen Baubesprechungen wurden die Mängel angemahnt und in Protokollen festgehalten“, sagte Vollbracht. Die Stadt habe „die Verweigerung der Bauabnahme angekündigt. Eine schriftliche Mängelrüge befindet sich in Vorbereitung.“
Die Stadt habe den Auftrag an den Bauüberwacher verlängert, ergänzte Bürgermeister Vollbracht im Parlament. Sie behalte es sich vor, die Zahl der Kontrolleinsätze pro Woche zu erhöhen.
„Gibt es eine Abschätzung, wie hoch das Risiko für den städtischen Haushalt ist als Folge mangelhafter Bauausführung der Firma Goetel?“, wollten nicht allein die Grünen am Ende wissen. Der Bürgermeister blieb im Vagen: „Eine seriöse Kostenabschätzung ist noch nicht möglich. Dazu müsste die Leitungsdokumentation vorliegen.“
Es sei aber absehbar, „dass sich durch den Breitbandausbau monetäre Risiken ergeben“, fuhr Vollbracht fort. Höhere Unterhaltungskosten für die Straßen würden ausgelöst durch Setzungen und andere Oberflächenschäden.
Wenn in der Zukunft Straßen erneuert würden, sei mit höheren Kosten für das Sichern der Leitungen dort zu rechnen, wo diese nicht tief genug verlegt wurden. Einen erhöhten Aufwand bei Reparaturen an Wasserleitungen erwartet die Stadtverwaltung dort, wo Breitbandkabel auf der Wasserleitung liegen.
„Haben wir gar keinen Einfluss darauf, ob und wo unsere Straßen aufgegraben werden?“ Das fragte FDP-Fraktionschef Martin Merhof.
„Nein. Das Telekommunikationsgesetz gestattet allen Anbietern, dort tätig zu werden, wo sie wollen“, antwortete Jürgen Vollbracht.
Jürgen Staude (SPD) zeigte dafür kein Verständnis: „Es gibt Bereiche in Waldeck, in denen gleich mehrere Anbieter Glasfaser verlegt haben und andere Bereiche, die unversorgt bleiben.“

DAS SAGT …
Die Firma Goetel
Goetel weist die Vorwürfe „ganz entschieden zurück“, die sich gegen das von ihr engagierte Bauunternehmen richten. Dagegen sei die Firma, die in Waldeck die Bauüberwachung übernahm, mehrfach von der Goetel-Bauabteilung auf „die Falschaussagen in der Mängelliste“ hingewiesen worden, schreibt Goetel auf Anfrage. Der eigene Projektleiter habe vorgeschlagen, einen unabhängigen Gutachter einzuschalten. Laut Goetel hat der Bauüberwacher seinen Auftrag niedergelegt. Gegenüber Goetel habe die Stadt keine schwerwiegenden Mängel bekundet. Bedarf am „Nachschärfen“ im Laufe so großer Infrastrukturprojekte könne immer erwachsen. Probleme in der Bauabnahme erwartet Goetel nicht.  su