2023 WLZ 26. 09. Tonaufnahmen sind einfach möglich

Datenbank fürs Waldecker Platt-Archiv erleichtert den weiteren Aufbau

VON DR. KARL SCHILLING

Grundstock fürs Platt-Archiv gelegt: Karl Heinemann aus Rhoden warb im Geschichtsverein für die Datenbank, die sein Enkel Henricus Bracht aufgebaut hat. Foto: Schilling
Diemelsee-Flechtdorf – Das Platt-Archiv des Waldeckischen Geschichtsvereins soll künftig einfacher zu nutzen sein: Bei der Jahrestagung in Flechtdorf stellte der Rhoder Software-Entwickler Henricus Bracht die neue Platt-Datenbank vor, die er aufgebaut hat. In einem Film führte er die Möglichkeiten vor, die diese Technik bietet – Interessenten können auch von zu Hause aus leicht Wörter und Tondokumente eingeben und abspeichern.
Brachts Großvater Karl Heinemann aus Rhoden rief dazu auf, die neuen technischen Chancen zu nutzen: Das Platt sterbe langsam aus. „Wenn die Sprache weg ist, dann ist sie auch weg und kommt nicht wieder“, betonte er. Deshalb sei es umso wichtiger, dass versierte Sprecher das Platt ihrer Dörfer und Städte umgehend in Wort und Tonaufnahme für die Nachwelt dokumentierten. „Wir haben jetzt die technischen Möglichkeiten, um die Sprache zu erfassen und später noch zu hören.“
Henricus Bracht führte im Film beispielhaft vor, wie einfach das Programm der Datenbank zu bedienen ist. Auch die Tonaufnahme ist ohne technischen Aufwand über das in den meisten Computern ohnehin eingebaute Mikrofon möglich.
Der Ton ist wichtig, weil er die korrekte Aussprache dokumentiert – alle schriftlichen Übertragungen sind letztlich nur Annäherungen an die gesprochene Sprache.
Grundlage der Datenbank ist die Sammlung von Karl Heinemann. Nach einem Beinbruch hatte er im Januar 1996 „aus Langeweile“ begonnen, die Wörter und die Grammatik des Rhoder Platts systematisch zu erfassen. Als er etwa 1500 Wörter zusammen hatte, bat er die Germanisten der Marburger Universität um Unterstützung. Der Privatdozent Dr. Heinrich Jakob Dingeldein gab ihm Hilfestellungen, um die Sammlung wissenschaftlich nutzbar zu machen.
In 28 Jahren Arbeit hat Heinemann sein „Herzensprojekt“ vorangetrieben und rund 5000 Wörter mit Konjugationen, Deklinationen und Anwendungsbeispielen zusammengetragen. 2017 übergab er seinem Fundus dem Geschichtsverein. Das Material soll den Grundstock für das Waldeckische Platt-Archiv bilden, dass seitdem weiter ausgebaut wird.
Vor drei Jahren habe der Geschichtsverein sieben Computer angeschafft, um die Erfassung des Platts in die Bezirke Waldecks zu tragen, erinnerte der Vorsitzende Günter Engemann. Die Idee sei gewesen, dass Gruppen von Plattsprechern am Computer Wörter eingeben oder Texte aufnehmen.
Mit der neuen Datenbank sei es nicht mehr nötig, sich um den Rechner zu versammeln, „jeder sitzt zu Hause und kann Wörter und Texte eingeben.“ Das neue Programm sei ein Fortschritt.
Weiterer Vorteil: Die Daten sind nicht mehr auf den Rechnern der einzelnen Gruppen gespeichert, sondern liegen zentral auf einem Server. Damit haben mehr Leute Zugriffsmöglichkeiten.
„Wir müssen in die Zukunft gucken“, sagte Heinemanns Sohn Peter in Flechtdorf. Der Ansatz von Henricus sei, das Lebenswerk seines Großvaters „in die Zukunft zu überführen“ und „für alle zugänglich zu machen“. Deshalb habe er das von Karl Heinemann seit Jahren verwendete Programm überarbeitet und erweitert. In der Corona-Zwangspause habe er gewissermaßen ebenfalls „aus Langeweile“ die Datenbank entwickelt. Sie solle Anreiz sein, dass in den Bezirksgruppen fleißig Wörter zusammengetragen würden.