2023 WLZ 17. 11. Vor Einzug der Belgier an den Edersee verlagert
Die Kanonen in Arolsen und im Schloss Waldeck – Fortsetzung
„Ritt“ auf der belgischen Beutekanone: Autor Eberhard Kraft Ende der 1950er-Jahre. Die „reitenden“ Kinder waren über Jahrzehnte ein beliebtes Fotomotiv. Foto: pr
Seit kurzem sind auf dem Burghof in Waldeck vor dem Burgkeller die beiden von Arolsen nach dort gebrachten Geschütze aus dem Kriege 1870/71 aufgestellt worden. Da die Räder der Lafette morsch waren, wurden sie entfernt und die Kanonen stattdessen auf Steinsockel aufgelegt. Sie bilden für die Besucher der Burg eine besondere Sehenswürdigkeit.“
Das berichtete die Waldeckische Landeszeitung am 6. Juli 1950 – erst eine Woche zuvor war sie nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg wieder zugelassen worden. Wie im Artikel dargestellt, wurden die beiden Kanonen im Juli 1950 von Arolsen nach Schloss Waldeck transportiert. Die zunächst noch hohen Steinsockel wurden später durch niedrigere Sockel ersetzt.
Der Zeitpunkt der Verlegung der beiden Kanonen hängt zum einen mit der Eröffnung des Burgmuseums im Schloss am 13. August 1950 zusammen. Träger ist bis heute der Waldeckische Geschichtsverein, große Unterstützung erhielt er von der Domanialverwaltung, die den Raum herrichtete. Die Fürstliche Familie stellte den größten Teil der Ausstellungsstücke zur Verfügung. Neben vielen weiteren ungenannten Spendern stellte auch der gräfliche Zweig der Fürstenfamilie in Bergheim Leihgaben zur Verfügung.
Der zweite Grund für die Verlegung der Kanonen weg von Arolsen ist „vorausschauend“ zu begründen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren belgische Streitkräfte als Besatzungsmacht im „belgischen Korridor“ stationiert. Er reichte von Aachen bis Kassel und lag in der britischen und der amerikanischen Besatzungszone. Dies war wohl von Bedeutung für den Gedanken, die Arolser Kanonen zu verlagern.
Als der Kalte Krieg zwischen den westlichen Demokratien und den Diktaturen des Ostblocks ausbrach, wurde das belgische Militär in die militärischen Planungen der NATO eingebunden. 1955 trat auch die Bundesrepublik bei – für die Westdeutschen wurden die ehemaligen Besatzer zu Verbündeten.
Die Bundesregierung von Kanzler Konrad Adenauer legte Wert auf die 1952 in der NATO beschlossene Vorneverteidigung: Angriffe aus dem Osten sollten möglichst schon an der innerdeutschen Grenze abgewehrt werden. Die Bundesrepublik war dazu in neun Sektoren aufgeteilt, die jeweils ein NATO-Korps verteidigen sollte. Die Belgischen Streitkräfte in Deutschland bekamen einen Gefechtsstreifen zwischen dem Harz im Norden und Kassel im Süden zugewiesen.
Gemäß dieser NATO-Planungen wurde von November 1952 bis zum 5. Mai 1959 zunächst der wallonische Infan-terieverband „2e Régiment de carabiniers-cyclistes“ in der Arolser Kaserne stationiert. Dann folgte der mit Jagdpanzern ausgestattete flämische Aufklärungsverband 1. Régiment „Jagers te Paard“.
Die Kaserne erhielt den Namen „Sous Lieutenant Antoine Kaserne“. Sie war von 1959 bis 1994 neben dem belgischen Aufklärungsregiment unter anderem das Quartier einer Nachschubkompanie und der „14è Genie“, einer Panzerpionierkompanie.
Das Vorhandensein von belgischen Beutekanonen auf dem Arolser Kirchplatz wäre für die belgischen Soldaten wohl ein deutlicher Affront gewesen. Deshalb kamen sie nach Waldeck.
„Ritt“ auf der belgischen Beutekanone: Autor Eberhard Kraft Ende der 1950er-Jahre. Die „reitenden“ Kinder waren über Jahrzehnte ein beliebtes Fotomotiv. Foto: pr
Seit kurzem sind auf dem Burghof in Waldeck vor dem Burgkeller die beiden von Arolsen nach dort gebrachten Geschütze aus dem Kriege 1870/71 aufgestellt worden. Da die Räder der Lafette morsch waren, wurden sie entfernt und die Kanonen stattdessen auf Steinsockel aufgelegt. Sie bilden für die Besucher der Burg eine besondere Sehenswürdigkeit.“
Das berichtete die Waldeckische Landeszeitung am 6. Juli 1950 – erst eine Woche zuvor war sie nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg wieder zugelassen worden. Wie im Artikel dargestellt, wurden die beiden Kanonen im Juli 1950 von Arolsen nach Schloss Waldeck transportiert. Die zunächst noch hohen Steinsockel wurden später durch niedrigere Sockel ersetzt.
Der Zeitpunkt der Verlegung der beiden Kanonen hängt zum einen mit der Eröffnung des Burgmuseums im Schloss am 13. August 1950 zusammen. Träger ist bis heute der Waldeckische Geschichtsverein, große Unterstützung erhielt er von der Domanialverwaltung, die den Raum herrichtete. Die Fürstliche Familie stellte den größten Teil der Ausstellungsstücke zur Verfügung. Neben vielen weiteren ungenannten Spendern stellte auch der gräfliche Zweig der Fürstenfamilie in Bergheim Leihgaben zur Verfügung.
Der zweite Grund für die Verlegung der Kanonen weg von Arolsen ist „vorausschauend“ zu begründen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren belgische Streitkräfte als Besatzungsmacht im „belgischen Korridor“ stationiert. Er reichte von Aachen bis Kassel und lag in der britischen und der amerikanischen Besatzungszone. Dies war wohl von Bedeutung für den Gedanken, die Arolser Kanonen zu verlagern.
Als der Kalte Krieg zwischen den westlichen Demokratien und den Diktaturen des Ostblocks ausbrach, wurde das belgische Militär in die militärischen Planungen der NATO eingebunden. 1955 trat auch die Bundesrepublik bei – für die Westdeutschen wurden die ehemaligen Besatzer zu Verbündeten.
Die Bundesregierung von Kanzler Konrad Adenauer legte Wert auf die 1952 in der NATO beschlossene Vorneverteidigung: Angriffe aus dem Osten sollten möglichst schon an der innerdeutschen Grenze abgewehrt werden. Die Bundesrepublik war dazu in neun Sektoren aufgeteilt, die jeweils ein NATO-Korps verteidigen sollte. Die Belgischen Streitkräfte in Deutschland bekamen einen Gefechtsstreifen zwischen dem Harz im Norden und Kassel im Süden zugewiesen.
Gemäß dieser NATO-Planungen wurde von November 1952 bis zum 5. Mai 1959 zunächst der wallonische Infan-terieverband „2e Régiment de carabiniers-cyclistes“ in der Arolser Kaserne stationiert. Dann folgte der mit Jagdpanzern ausgestattete flämische Aufklärungsverband 1. Régiment „Jagers te Paard“.
Die Kaserne erhielt den Namen „Sous Lieutenant Antoine Kaserne“. Sie war von 1959 bis 1994 neben dem belgischen Aufklärungsregiment unter anderem das Quartier einer Nachschubkompanie und der „14è Genie“, einer Panzerpionierkompanie.
Das Vorhandensein von belgischen Beutekanonen auf dem Arolser Kirchplatz wäre für die belgischen Soldaten wohl ein deutlicher Affront gewesen. Deshalb kamen sie nach Waldeck.
Auch auf der Altane der einstigen Burg sind sie bis heute ein beliebtes Fotomotiv. So wie der Verfasser Ende der 1950er-Jahre auf einer der Kanonen „geritten“ ist, haben dies wohl nahezu 80 Prozent aller Waldecker und viele Tausend Besucher aus fern und nah getan – und tun es heute noch.
„Mein Waldeck“ ist die Heimatbeilage der Waldeckischen Landeszeitung. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Karl Schilling. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages Wilhelm Bing.