2023 WLZ 10. 10. „Der falsche Weg, Protest zu wählen“

LANDTAGSWAHL Reaktionen von Wählern auf die Ergebnisse

VON STEFANIE RÖSNER

Norbert Rönsch aus Korbach findet die Ergebnisse der Landtagswahl erschreckend. Foto: Stefanie Rösner

Waldeck-Frankenberg – Das Ergebnis finde sie okay, sagte eine 56-jährige Rentnerin aus Korbach am Montag nach der Wahl, als wir sie vor einem Lebensmittelmarkt in Korbach befragen. „So geht es nicht weiter, das Land wird vor die Wand gefahren.“ Die Bundesregierung handele „fern jeder Realität“, besonders bei den Themen Energie und Migration. Sie spricht von sozialer Ungerechtigkeit und falschen Versprechungen bei Zuschüssen für eine Wärmepumpe. Sie fragt: „Mit was sollen wir überhaupt noch heizen?“
Die Bundespolitik bewegt die Menschen, und die Parteien auf Landesebene werden abgestraft. Bei der Frage nach einer allgemeinen Einschätzung zum Ergebnis der Landtagswahl äußern sich die Menschen vornehmlich zum deutlichen Zuwachs für die AfD, die hessenweit 18,4 Prozent erreichte; in Waldeck-Frankenberg gar 21,11. Die Antworten sind sehr gespalten.
„Ich bin erschreckt von den Ergebnissen in Hessen und Bayern und von dem Rechtsruck“, sagt Norbert Rönsch aus Korbach. Für ihn und seine Frau war es selbstverständlich, wählen zu gehen. „Die Demokratie wissen manche vielleicht nicht zu schätzen.“ Rönsch hat seine Kreuze diesmal für die CDU gesetzt. Ihn besorgt die aufgeheizte Stimmung unter AfD-Wählern. Er wünscht sich eine forsche und klare Politik der etablierten Parteien, um dem entgegenzuwirken. Dazu zähle, die Bürokratie abzubauen und beim Thema Flüchtlinge genauer zu prüfen, ob Zuwanderung gerechtfertigt sei.
„Ich habe nicht gewählt. Das bringt nichts“, sagt hingegen der 18-jährige Jonathan Denk aus Korbach. In Deutschland ändere sich nichts, und man könne nicht seine Meinung sagen. Die Preiserhöhungen stören ihn, und er spricht von anderen Ländern wie Skandinavien und der Schweiz, wo es „friedlicher, schöner, freundlicher“ sei. Dort würden Politiker auf die Bürger hören. Er werde auch künftig nicht wählen gehen.
Erschreckend findet eine 31-jährige Vöhlerin das Ergebnis der Landtagswahl mit Blick auf das starke Abschneiden der AfD. „Die AfD hat ihr richtiges Wahlprogramm gut versteckt. Sie haut einfache Slogans raus, die die Leute hören wollen.“ „Sehr bitter und bedauerlich“ nennt eine Frau aus einem kleinen Vöhler Ortsteil die hohen Stimmenanteile der AfD. Es handele sich um einen konservativen Ort, den sie nicht nennen möchte. „Man bekommt mit, wie die Gesinnung ist.“ Sie spricht von Ausländerhass. „Die Meinungen werden von einer Generation an die nächste weitergegeben. Auch jüngere denken so. Das ist eine Katastrophe.“
Eine Frau aus Asel spricht von einem Albtraum, da die AfD ihrer Ansicht nach zu viel Zuspruch erhalten hat. Nach ihrer Einschätzung denken viele Wähler, dass „zu viel Geld fließt“ für Zugewanderte. „Ich denke, wenn Menschen Hilfe brauchen, sollte man ihnen Hilfe geben.“
„Ich bin entsetzt und schäme mich“, sagt ein Mann aus Edertal-Hemfurth, wo die AfD 35 Prozent der Stimmen errang. Viele Menschen hätten versucht, Protest zu wählen, „aber das ist eindeutig der falsche Weg“. „Viele haben Angst um ihre Besitztümer, sie stützen sich auf Fehlinformationen und Hetzkampagnen. Die wenigsten informieren sich tiefgehend über die Parteien.“
Eine 26-jährige Frau aus Dorfitter, die die CDU gewählt hat, bezweifelt, „ob die Leute aufgeklärt darüber sind, was die AfD wirklich ausmacht.“ Eine andere Passantin hingegen sagt nur im Vorbeigehen: „Ich war wählen, aber die machen, was sie wollen.“ Sie habe als Bürgerin keinen Einfluss auf die Politik. „Der kleine Bürger kommt zu kurz, und gerecht wird es sowieso nicht.“ Eine weitere Frau, die zum Einkaufen geht, wirft eine kurze Aussage hin: „Ich halte nichts von den gefakten Wahlen.“