2023 WLZ 06. 02. Spurensuche in alten Akten und Fotos

Korbacher Stadtarchiv bietet wieder Führungen für Gruppen an

Der Nachlass des 2014 verstorbenen Korbacher Originals Karl-Heinz Bietz, Onkel Bietz genannt, umfasste 63 Stehordner mit tagebuchartigen Aufzeichnungen, fiktiven Geschichten, Fotos, Postkarten usw. Das Foto zeigt dessen kleines Bürobedarfs-, Bücher- und Papierwarengeschäft in der Klosterstraße, in den 1960er Jahren Treffpunkt der ALS-Schüler und der „Klosterbrüder“ war. Foto: Fotosammlung Stadtarchiv/PR

Korbach – Nach mehr als zwei Jahren coronabedingter Pause bietet das Stadtarchiv Korbacher wieder Archivführungen für interessierte Vereine und Gruppen an. Das teilt der Leiter des Stadtarchivs Wolfgang Kluß mit.
In den letzten beiden Jahren sei eine Fülle interessanter Archivmaterialien erschlossen worden oder neu dazugekommen, sagte Kluß. So seien die städtischen Akten aus der Zeit von 1920 bis 1960 inzwischen erfasst worden, wie beispielsweise Akten über Luftschutzmaßnahmen, Arbeitseinsätze Kriegsgefangener und Zwangsarbeiter, Errichtung von Barackenlagern für Flüchtlinge, aber auch über Obstbäume mit einer Liste aller alten Korbacher Obstbaumsorten.
Ebenso sei eine ganze Reihe historischer Postkarten- und Fotosammlungen aus privaten und städtischen Beständen mit bislang nicht bekannten Aufnahmen sowie mehrere größere Nachlässe übernommen worden. Inventarisiert wurde im letzten Jahr der 63 Stehordner umfassende Nachlass des 2014 mit 90 Jahren verstorbenen
Korbacher Originals Karl-Heinz Bietz, Onkel Bietz genannt. Dessen kleines Bürobedarfs-, Bücher- und Papierwarengeschäft in der Klosterstraße war in den 1950er und 1960er Jahren Treffpunkt der Schüler der nahen Alten Landesschule und abends der alteingesessenen Anwohner der Klosterstraße, der Klosterbrüder. In seinem Nachlass befinden sich in vielen Jahren geschriebenen tagebuchartige Aufzeichnungen mit Fotos, Anekdoten, Zeichnungen, fiktiven Geschichten, Erinnerungen, aber auch gesammelte Postkarten, Fotos, Aufkleber. Einige der neu erfassten Archivalien werden, so Kluß, auch im Rahmen der wieder angebotenen Archivführungen vorgestellt.
Den Reigen der Archivbesichtigungen eröffneten die „Rancher“. Die beiden ehrenamtlichen Archivkräfte Waltraud Steuber und Heinz Merl gaben Erläuterungen zur Arbeit des Archivs: Das Stadtarchiv Korbach sei mit seinen Räumen, seiner Ausstattung, seiner Organisation und seinen Beständen eines der besten ehrenamtlich geführten kommunalen Archive in Hessen. Neben dem offiziell bestellten Stadtarchivar seien immer acht bis zehn für bestimmte Bereiche zuständige Ehrenamtler tätig. Hauptarbeit sei die digitale Erfassung der immer wieder neu eingehenden Archivmaterialien. Auch seien jährlich weit über hundert Anfragen zu bearbeiten, unter anderem auch aus den USA, England, Frankreich, Israel.
Waltraud Steuber demonstrierte am Beispiel einer alteingesessenen Korbacher Landwirtsfamilie, wie im Korbacher Archiv digital nach Ereignissen und Personen recherchiert werden kann. Am großen Besucherbildschirm zeigte sie anschaulich wie anhand der digitalisierten Unterlagen wie der Kartei alter Korbacher Familien, den Auswertungen der Kirchenbücher, den Häuserbüchern, der alten Meldekartei die Genealogie der Bauernfamilie recherchiert und dann aus der 35 000 Aufnahmen umfassenden Foto- und Diasammlung die dazu gehörenden Häuser und Bauernhöfe gefunden werden könne. Die Möglichkeiten der digitalen Recherche würden sich, so Steuber, noch deutlich verbessern, wenn die in 2023 geplante Digitalisierung der alten Zeitungen, der historischen städtischen Akten und der Protokolle der städtischen Gremien abgeschlossen sei.
Heinz Merl führte die Besucher durch die Magazine mit den Zeitungssammlungen, den historischen Akten, den Nachlässen, der Kartensammlung. In den Vitrinen konnten die Besucher einige spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Unterlagen bestaunen. Merl gab auch Erläuterungen zur fast vollständig erhaltenen Akte über den Hexerprozess gegen den Landwirt Johann Kramer (1656), der wegen Zauberei vom Gericht zum Tod durch das Feuer verurteilt worden war, dann aber von den Grafen großzügig begnadigt wurde – zum Tod durch das Schwert.  red

Terminabsprachen für Gruppenführungen: E-Mail info@stadtarchiv-korbach.de oder Telefon 05631/5015987.