2022 WLZ 14. 10. „Weltoffen und einfach zeitgemäß“

Individuelle Bestattungen auf allen Waldecker Friedhöfen möglich

VON CONNY HÖHNE

Individuelle Bestattungsformen auf allen Friedhöfen: Damit will das Stadtparlament ein Signal für eine offene und vielfältige Gesellschaft setzen. Die Fraktionsvorsitzenden Jürgen Schanner (Bündnis 90/Die Grünen), Michael Keller (CDU), Martin Germann (FWG), Bürgermeister Jürgen Vollbracht, Latif Hamamiyeh Al-Homssi (SPD) und Martin Merhof (FDP) (von links) freuen sich, dass die intensive Vorarbeit zu einem guten Abschluss gebracht wurde. Foto: Conny Höhne

Waldeck – Auf allen Friedhöfen der Stadt Waldeck sind künftig individuelle Bestattungsformen möglich. Diese Änderung in der Friedhofsordnung brachten die Fraktionen im Stadtparlament gemeinsam auf den Weg und setzen damit ein Signal für eine offene und vielfältige Gesellschaft.
„Damit gehen wir einen klaren Schritt nach vorne und hoffen, dass weitere Städte und Gemeinden folgen“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme. „Wir sind uns unserer Rolle in einem Einwanderungsland bewusst und wollen dies in unseren Entscheidungen berücksichtigen.“ Die unterschiedlichen kulturellen Bedürfnisse müssten auch auf kommunaler Ebene einfließen.
Nachdem der Antrag der SPD-Fraktion zur Öffnung der Bestattungsmöglichkeiten auf allen Friedhöfen im Juli 2021 mit einer knappen Einstimmenmehrheit als Prüfauftrag an den Magistrat ging, fanden zahlreiche Treffen der Fraktionsvorsitzenden statt. Dabei wurden Friedhöfe besichtigt, Religionsgemeinschaften angehört oder auch muslimische Beisetzungen erläutert.
Gemeinsam mit der Verwaltung wurde schließlich ein Entwurf für die Stadtverordnetenversammlung vorbereitet und nun auch einstimmig beschlossen.
Er sieht vor, dass auf allen Friedhöfen jede gesetzlich zulässige Form der Bestattung ermöglicht wird. Nicht nur die SPD als ursprünglich antragstellende Fraktion, sondern das gesamte Parlament stehe geschlossen für ein offenes, vielfältiges Waldeck, in dem niemand aufgrund der Herkunft, des Glaubens, des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung benachteiligt wird. Das gelte im Leben und auch im Tod.
Michael Keller (CDU): „Wir haben jetzt eine Satzung, die alle Möglichkeiten lässt, weltoffen ist, vorurteilsfrei und einfach zeitgemäß.“ Das sensible Thema wurde „nach holprigem Start“ gemeinschaftlich auf den Weg gebracht, resümiert Martin Germann (FWG).
„Es war der richtige Weg“, ist sich Latif Hamamiyeh Al-Homssi (SPD) sicher. Das Angebot, alle Bestattungsformen auf allen Friedhöfen zu ermöglichen, sei seiner Kenntnis nach einmalig im Landkreis. „Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage größer wird“, merkt Jürgen Schanner (Bündnis 90/Die Grünen) mit Blick auf zahlreiche Geflüchtete anderer Kulturen an, die in Waldeck leben.
Auf den Friedhöfen sei ausreichend Platz für neue Bestattungsformen vorhanden und lasse beispielsweise auch die Ausrichtung von Gräbern in Richtung Mekka und nicht nur in der üblichen Ost-West-Richtung zu, erläutert Martin Merhof (FDP). Gelockert wurden auch die Fristen für Nachliegezeiten. Zusätzliche Einrichtungen, etwa für rituelle Totenwaschungen, sollen nicht geschaffen werden. Diese Möglichkeiten könnten bei Bedarf in Korbach genutzt werden. Die Stadt Waldeck leiste dabei Unterstützung. „Die Menschen werden nicht allein gelassen“, signalisiert Bürgermeister Jürgen Vollbracht. Die im Oktober in Kraft getretene geänderte Satzung „ist deutlich flexibler, eröffnet deutlich mehr Möglichkeiten.“