2022 WLZ 10. 10. Für attraktives Leben auf dem Land

MONTAGSINTERVIEW Hamamiyeh Al-Homssi in Sachverständigenrat berufen

VON CONNY HÖHNE

Entwicklung der ländlichen Region im Blick: Ein Höringhäuser wurde in den Sachverständigenrat Ländliche Entwicklung des Bundeslandwirtschaftsministeriums berufen. Sein Expertenrat ist auch beim Tourismus gefragt; im Bild ein Blick auf Nordhessens Tourismusmagnet – den Edersee. Foto: Conny Höhne

Waldeck-Höringhausen – Latif Hamamiyeh Al-Homssi wurde von Minister Cem Özdemir in den Sachverständigenrat Ländliche Entwicklung (SRLE) des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung berufen. Der 32-jährige Höringhäuser ist jüngstes Mitglied im Expertenrat.

Herr Hamamiyeh Al-Homssi Al-Homssi, Der Sachverständigenrat setzt sich aus Personen zusammen, die über besondere Erfahrungen bezüglich der Entwicklung ländlicher Regionen verfügen – wo liegen Ihre Stärken?

Ich bin über verschiedene Ebenen sehr gut vernetzt, kenne Herausforderungen und Stärken der ländlichen Regionen. Durch meine langjährige Erfahrung im Bereich der Migration und Integration konnte ich bereits auch überregional vielfältige Impulse in diesem Themenfeld setzen. Mein politisches Engagement im Waldecker Stadtparlament sowie auf Landesebene eröffnen mir den Zugang zu einem breiten Themenspektrum ländlicher Regionen.

Haben Sie sich um eine Berufung beworben?

Es gibt dafür keine klassische Bewerbung. Der Minister beruft die Mitglieder direkt in das Gremium.

Wie ist es fachlich aufgestellt?

Es besteht aus zwölf Persönlichkeiten, die aufgrund ihrer ehrenamtlichen bzw. beruflichen Tätigkeit oder Funktion über besondere Erfahrungen bezüglich der Entwicklung ländlicher Regionen verfügen. Die Bandbreite reicht von Personen in kommunalpolitischen Ämtern bis hin zu Hochschuldozenten, Leitungen von wissenschaftlichen Institutionen und Landesverbänden aus Handwerk und Wirtschaft.

Wie hat sich der Sachverständigenrat in seiner konstituierenden Sitzung positioniert?

Zunächst ging es um Formalien wie Geschäftsordnung und Vorsitz. Demnächst wird es ein gesondertes Treffen geben, bei dem gezielt Themenschwerpunkte herausgearbeitet werden. Wir haben uns jedoch bereits jetzt dazu entschieden, ein Papier schnellstmöglich auf den Weg zu bringen, welches das Ministerium und das Bundeskabinett darauf aufmerksam machen, die Belange der ländlichen Regionen in der aktuellen Debatte um Entlastungspakete etc. zu berücksichtigen.

Was ist Ihre Aufgabe?

Gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern die Interessen der ländlichen Regionen auf Bundesebene zu vertreten und dem zuständigen Bundesministerium und somit auch der Bundesregierung deutlich zu machen, wo noch Handlungsbedarf besteht und welche Schritte einzuleiten sind.

Wie viel Gewicht hat Ihr Expertenrat?

Minister Özdemir und die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Rottmann haben deutlich gemacht, dass ihnen die Arbeit des Sachverständigenrates wichtig ist. Es soll somit auch regelmäßigen Austausch mit dem Ministerium geben, sodass eine Wechselwirkung entsteht. Durch die Stellungnahmen sowie die Öffentlichkeit des SRLE werden diese Anliegen auch in der Arbeit der Bundesregierung diskutiert werden.

Welche Themen, die für Waldeck-Frankenberg wichtig sind, möchten Sie voranbringen?

Lange galten ländliche Regionen als Orte der Abwanderung. Die Pandemie und die Renaissance von Homeoffice und flexibler Arbeitszeitgestaltung lassen eine Wende erkennen. Wichtig ist es nun, eine umfassende Infrastruktur aufzubauen, die diesen Trend weiter fördert. Dazu gehört beispielsweise eine gute Anbindung an das Internet, guter und flächendeckender ÖPNV, die Stärkung touristischer Standorte und die Förderung landwirtschaftlicher Entwicklungen. Hierzu gehört eine übergeordnete Landes- und Bundespolitik, welche genau diesen Trend erkennt und die richtigen Maßnahmen ergreift. Sicherlich sehe ich meine Aufgabe auch darin, Wege einer gelingenden Integrationsarbeit gerade für ländliche Regionen aufzuzeigen.

Suchen Sie für ihre Arbeit Schulterschluss zu anderen heimischen Netzwerkern in Sachen ländliche Entwicklung?

Die Gremiumsarbeit sehe ich nicht nur als Einbringung meiner Expertise, sondern auch als Möglichkeit Themen weiterzutragen. Ich werde daher sicherlich mit Institutionen und Behörden sowie Vereinen und Initiativen in Kontakt treten und den Austausch suchen. In welcher Art sich dieser Austausch gestaltet, wird die zukünftige Themensetzung zeigen.

Wie häufig kommt der Sachverständigenrat zusammen?

Grundsätzlich ist eine halbjährliche Zusammenkunft im Bundesministerium geplant. Die Zwischenzeit ist eine Art Arbeitszeit, in der Stellungnahmen etc. in digitalen Formaten vorbereitet werden. Grundsätzlich obliegt es dem SRLE die Häufigkeit seiner Sitzungen festzulegen.

Was erhoffen Sie sich von Ihrem Ehrenamt?

Dahingehend zu beraten, dass Entscheidungen getroffen werden, die die Lebensverhältnisse in ländlichen Regionen positiv beeinflussen. Dabei ist es gut und richtig wissenschaftliche Stellungnahmen zu verfassen und praxisbezogene und lebensnahe Ideen einzubringen. Mir geht es grundsätzlich darum, dass zukünftige Generationen eine Region vorfinden, der sie nicht den Rücken zukehren, weil sie ihren Bedürfnissen nicht gerecht werden kann. Nicht minder relevant sind moderne, zielgruppenorientierte Lösungen für ein attraktives Leben im Alter. Ich bin von den Potenzialen ländlicher Regionen überzeugt und es ist mir eine große Freude, mich für deren Zukunftsfähigkeit einzusetzen. ➔  ARTIKEL UNTEN

Aufgaben: Von Demografie bis zur Energiekrise

Konstituierende Sitzung: Sachverständigenrat für ländliche Entwicklung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft; rechts Latif Hamamiyeh Al-Homssi. Foto: BMEL/pr.

Der Sachverständigenrat Ländliche Entwicklung (SRLE) setzt sich aus zwölf Mitgliedern zusammen, die ehrenamtlich oder beruflich über besondere Erfahrungen bezüglich der Entwicklung ländlicher Regionen verfügen. Die Experten unter dem Vorsitz von Dr. Claudia Neu, Professorin am Lehrstuhl Soziologie ländlicher Räume an den Universitäten Göttingen und Kassel, begleiten die Politik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Bereich der ländlichen Entwicklung und geben Stellungnahmen, Einschätzungen und Empfehlungen ab.
Dabei geht es vor allem um Fragen zu Demografie, Daseinsvorsorge, Soziales und Lebensverhältnisse, aber auch um Wirtschaft, Arbeit und Finanzen, Landnutzung, Umwelt und Erholung.
Aber auch die Vielfalt der Ländlichen Räume oder Fragen der Energiekrise werden von dem Sachverständigenrat aufgegriffen. Bundesminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, dass die Expertise des SRLE für das Ministerium von größtem Wert sei.  höh