XI 2021 WLZ 25. 08. Lücken im Wegenetz schließen – Lückenloses Angebot für Rad – Pendler

Mittwoch, 25. August 2021, Waldeckische Landeszeitung / LOKALES

Lücken im Wegenetz schließen

Kreis arbeitet an Radkonzept – Zweite Bürgerbeteiligung

VON DR. KARL SCHILLING

Nicole Sude in der Kreisverwaltung für den Radverkehr zuständig

Waldeck-Frankenberg – Nicht nur bei Touristen erfreut sich das Radfahren einer zunehmenden Beliebtheit – auch in Waldeck-Frankenberg schwingen sich immer mehr Leute aufs Rad, um zur Arbeit oder zum Arzt zu gelangen. Damit sie ihr Ziel möglichst schnell und sicher erreichen, arbeitet der Fachdienst Bauen der Kreisverwaltung seit Anfang des Jahres an einem Konzept für den Alltagsradverkehr.

In diesem kreisweiten Plan wird in Zusammenarbeit mit den 22 Städten und Gemeinden im Kreis ein Radwegenetz festgelegt. Aber auch die potenziellen Nutzer sollen ihre Vorstellungen und Wünsche vorbringen – deshalb soll am nächsten Freitag, 27. August, die zweite Bürgerbeteiligung starten. Dabei wirkt auch die neue Ansprechpartnerin des Kreises für den Radverkehr, Nicole Sude, mit. Da große Versammlungen derzeit wegen der Corona-Auflagen nicht möglich sind, setzt der Kreis auf eine digitale Form: auf eine Videokonferenz im Internet.

Beim digitalen Auftakt am 12. März hätten sich rund 600 Interessenten beteiligt, berichtet der Erste Kreisbeigeordnete Karl-Friedrich Frese.

Mit der Aufstellung des Radverkehrskonzepts hat der Kreis ein Fachbüro beauftragt. Es hat die eingegangenen Wünsche und Anregungen der Bürger eingearbeitet, sich die Situation vor Ort angesehen, die Kommunen eingebunden und Schritte für die Umsetzung entwickelt. Die Ergebnisse werden am Freitag online vorgestellt. Danach beantworten Nicole Sude und Vertreter des Büros Fragen. Die Fachdienstleiterin Susanne Paulus erhofft sich mindestens ebenso viele Teilnehmer wie bei der ersten Runde.

Nach der Videokonferenz wird die zweite Beteiligungsphase eröffnet. Dabei können alle dem Planungsteam ihre Anregungen und Wünsche online über die Kommentarfunktion oder eine interaktive Karte mitteilen.

Ziel des Konzepts ist es, bereits bestehende Radwege in den Städten und Gemeinden in einem möglichst lückenlosen Netz zu verbinden – es soll die schon vorliegenden Konzepte der Kommunen sinnvoll ergänzen. Das Land unterstützt das Projekt mit Geldern zur Förderung der Nahmobilität. Bis zum Jahresende soll das Radkonzept vorliegen. Foto: Schilling   SEITE 2

Lückenloses Angebot für Rad-Pendler

MEHR ZUM THEMA Kreisweites Konzept für den Fahrrad-Alltagsverkehr

VON DR. KARL SCHILLING

Werben für die zweite Bürgerbeteiligung: vorn die neue Ansprechpartnerin für den Radverkehr, Nicole Sude, hinten von links Adolf Scheuermann und Susanne Paulus vom Fachdienst Bauen sowie Vizelandrat Karl-Friedrich Frese. Foto: Schilling

Waldeck-Frankenberg – Mobilität ist im Flächenkreis Waldeck-Frankenberg ein wichtiges Kriterium für die Wohn- und Lebensqualität. Dabei blickt die Kreisverwaltung längst nicht mehr nur auf das Straßennetz oder auf die Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs: Der Radverkehr gewinnt einen immer höheren Stellenwert.

„Wir brauchen ein alltagstaugliches Radwegenetz“, sagt der Erste Kreisbeigeordnete Karl-Friedrich Frese. Deshalb arbeitet der Fachdienst Bauen der Kreisverwaltung derzeit an einem Konzept, das die Leistungsfähigkeit des Alltagsradverkehrs steigern soll. Nach Fulda werde Waldeck-Frankenberg der zweite Kreis Hessens mit einem solchen Konzept, sagt Frese.

Schon seit Jahren erlebt das Radfahren einen Boom, und das keineswegs nur im Tourismus. Auch im Alltag nutzen immer mehr Leute den Drahtesel, um zur Arbeit, zum Arzt oder in die Schule zu kommen. Als sich die Corona-Pandemie im Frühjahr vorigen Jahres auch im Kreis bemerkbar machte, verstärkte sich der Trend noch: Das Rad war für viele sicherer als die Fahrt mit Bus oder Bahn.

Fachleute rechnen damit, dass sich der Trend langfristig hält – auch wegen der Debatte um den Klimaschutz.

Dank der neuen E-Bikes mit eingebauten Elektromotor spielten Steigungen auf einer Strecke mittlerweile keine Rolle mehr, sagt Adolf Scheuermann vom Fachdienst Bauen. „Entscheidend ist, in welcher Zeit ich bei meinem Arbeitgeber bin.“ Bis zu zehn Kilometer betrage der Radius, den Pendler mit dem Rad zurückzulegen bereit seien, weiß die Fachdienstleiterin Susanne Paulus.

Aber dann müsse es auch ein gutes Wegenetz geben, um vom Land in die Mittelzentren oder zur Arbeit zu gelangen, erklärt Frese. Deshalb habe der Kreis das Projekt angestoßen: „Wir brauchen eine kreisweite Strategie.“

Im vorigen Jahr gab der Kreisausschuss dem Fachdienst Bauen den Auftrag, ein Konzept zusammenzustellen. Eine Landesförderung ermöglichte es, auch ein Fachbüro einzuschalten.

Bislang gibt es im Kreis zahlreiche überregionale und lokale Radwege für Touristen, immer neue werden ausgewiesen. In Zusammenarbeit mit den 22 Städten und Gemeinden sollen bestehende Wege zu einem möglichst lückenlosen kreisweiten Netz verknüpft werden.

Bis zum Frühjahr sei ein „Rumpfkonzept“ ausgearbeitet worden, berichtet Frese. Dieses „Zielnetz“ führe meist über Wirtschaftswege, erklärt Adolf Scheuermann.

Im März wurde es erstmals der Öffentlichkeit präsentiert: Einwohner mit Ortskenntnissen sollten Hinweise geben über fehlende Verbindungen, Mängel auf Wegen, Gefahrenstellen oder Barrieren melden. Außerdem wurde der Bedarf an Abstellmöglichkeiten oder Ladestationen für Räder abgefragt.

In enger Abstimmung mit den Kommunen arbeitete das Büro die Meldungen ins Konzept ein. „Es steht im großen und ganzen“, berichtet Scheuermann. Ab Freitag gehe es mit der zweiten Bürgerbeteiligung an die „Feinabstimmung“: Dann sollen die Planungen ein weiteres Mal offengelegt werden, um zusätzliche Verbesserungsvorschläge aufzunehmen. „Wir wollen alle mitnehmen“, betont Paulus. „Die Fachleute sind die Radfahrer vor Ort.“

Im Konzept würden auch die übergeordneten Wege in die Nachbarkreise erfasst, betont Scheuermann. „Es hört nicht an der Landesgrenze auf.“ Die Wegekonzepte für die Innenstädte sollen allerdings den Kommunen überlassen bleiben. Grundsätzlich sollen Touristen und Einheimische alle Wege gemeinsam nutzen können.

Kreistag soll entscheiden

Bis zum Jahresende soll das Radkonzept vorliegen. „Das ist die Eintrittskarte für die Umsetzung“, sagt Frese. Der Kreistag soll es beschließen – dies ist auch die Voraussetzung, um Fördergelder von Land und Bund zu erhalten.
Der Kreis und die Kommunen könnten Anträge stellen, erklärt Frese, die Förderquote liege bei rund 80 Prozent. In den nächsten zehn Jahren soll das Wegenetz nach dem Konzept ausgebaut werden.  -sg-

Nicole Sude verstärkt seit dem 2. August das Team des Fachdienstes Bauen – der Kreis hat sie als Ansprechpartnerin für alle Fragen rund um den Radverkehr eingestellt.
Die gebürtige Höringhäuserin hat an der Alten Landesschule in Korbach ihr Abitur absolviert, danach studierte sie. Als Diplom-Ingenieurin für Raumplanung arbeitete sie vier Jahre für den Wetteraukreis, wo sie für die Regionalentwicklung, das europäische Förderprogramm „Leader“ und für die touristische Entwicklung zuständig war – schon da ging es auch um den Ausbau des Radwegenetzes. Die vorigen zehn Jahre war Sude bei der Stadt Bad Driburg beschäftigt, zu ihren Aufgaben gehörten die Stadtplanung, das Stadtmarketing, die Wirtschaftsförderung, die Beschaffung von Fördergeldern und der Aufbau von Netzwerken.
In der Kreisverwaltung soll sie Adolf Scheuermann entlasten, der bislang für die Kreisstraßen und für die Radwege zuständig war. Mit Sude habe der Kreis eine Fachfrau gewonnen, die Erfahrung mit Radwegekonzepten habe und Steuerungsaufgaben übernehmen könne, sagt die Fachdienstleiterin Susanne Paulus. Sude solle sich auch um Fördermöglichkeiten für Projekte kümmern.
Die 44-jährige Sude ist nach Höringhausen – Waldeck gezogen und fährt selbst gern Rad.  -sg-