2024 WLZ 11. 04. Neueste Technik für sauberen See

Stadt Waldeck investiert 5,6 Millionen Euro in Kläranlage auf Scheid

VON CONNY HÖHNE

Prominent am Edersee im Blick: Der dreigeschossige Neubau der Kläranlage auf der Halbinsel Scheid – direkt an der Liegewiese – soll noch in diesem Jahr in Betrieb genommen werden. Foto: Conny Höhne

Waldeck-Scheid Ein stattlicher Neubau auf der Halbinsel Scheid fällt auf am Edersee. „Wird da ein großes Hotel gebaut?“ fragten WLZ-Leser irritiert. Mitnichten. An der Liegewiese am Edersee gegenüber dem Fähranleger entsteht die neue Kläranlage der Stadt Waldeck. Die Bauarbeiten sind schon weit vorangeschritten. Nach Angaben von Bürgermeister Jürgen Vollbracht soll sie noch in diesem Jahr in Betrieb genommen werden.

Gebaut wird eine hochmoderne Anlage mit vier statt der gesetzlich vorgegebenen drei Reinigungsstufen. Für 1950 Einwohnergleichwerte ausgelegt können in der Spitze täglich bis zu 672 Kubikmeter Abwasser behandelt und danach sauber in den Edersee eingeleitet werden, erläutert das mit der Technik beauftragte Unternehmen HST aus Meschede auf seiner Homepage.

Vorgesehen ist die vollbiologische Reinigung nach dem Belebtschlammverfahren, ausgeführt als „Sequence Batch Reaktor“ – kurz SBR. Damit lassen sich insbesondere die stark schwankenden Zulaufmengen auf der Tourismus-Halbinsel aufnehmen. An Tagen mit hohem Gästeaufkommen könnte die Anlage laut HST für bis zu 3500 Menschen das Schmutzwasser reinigen. Im Winter dagegen kann der Betrieb den niedrigen Einwohnerzahlen angepasst werden.

Zum Schutz des Edersees hatten sich die Waldecker Gremien entschieden, wegen kritischer Stoffe wie Medikamentenrückständen, Mikroplastik und Keimen, in eine vierte Reinigungsstufe zu investieren, auch wenn diese noch nicht vorgeschrieben ist. Da es dafür keine standardisierten Technologien für kleinere Kläranlagen gibt, untersucht HST zusammen mit der Stadt Waldeck und weiteren Industriepartnern unter der Federführung der Hochschule Hof die optimale Lösung anhand eines Versuchscontainers, der das biologisch gereinigte Abwasser aus der provisorischen Kläranlage aufnimmt und weiterbehandelt. Dabei wird der Einsatz von Aktivkohle und anderer Filtrationsmöglichkeiten getestet, erläutert Bauamtsleiter Martin Tepel.

Aufwendige Technik, höchst mögliche Reinigungsleistung und Ausrichtung auf deutlich mehr Einwohnergleichwerte waren laut Bürgermeister Vollbracht die Gründe für das großzügige Raumvolumen der neuen Kläranlage. Während die alte, inzwischen abgebaute Kläranlage, hinter Sträuchern und Bäumen kaum auffiel, ragt der dreigeschossige Neubau nun prominent am Rande der Liegewiese empor. Mehr in der Erde zu verstecken ging nicht, sagt der Bürgermeister. „Maßgeblich ist der Wasserstand des Edersees.“ Die Kläranlage wird abschließend eingehaust – Abwasser- und Schlammwege liegen also innerhalb von Gebäuden, um Geruchsbelästigung zu vermeiden.

Ein anderer Standort kam laut Vollbracht wegen der besonderen Platzsituation am Ufer des Edersees nicht infrage. Die Suche nach Alternativen im Vorfeld der Planung hatte nicht zum Ziel geführt, ergänzt der Bauamtsleiter. Der Bürgermeister schätzt die Gesamtkosten der Anlage auf rund 5,6 Millionen Euro.

Das Provisorium, das zur Sicherstellung der Abwasserreinigung während der Bauzeit errichtet wurde, wird nach Inbetriebnahme wieder abgebaut. Pumpen, Rührwerke, Belüftung und ein Klarwasserabzug kommen dann im Neubau wieder zum Einsatz.