2024 WLZ 31. 08. Bäume am Edersee vergiftet

Unbekannte beschädigen 100 Jahre alte Birke auf Ferienhausgrundstück

Rundum angebohrt: Brigitte Höhne an einem der Bohrlöcher am Stamm des beschädigten Baums. Fotos: Höhne Waldeck-ScheidAuf einem umzäunten Grundstück eines Ferienhauses mit Blick auf den Edersee haben Unbekannte mehrere Bäume angebohrt und offenbar eine giftige Substanz in die Löcher gesprüht. Eine mehr als 100 Jahre alte Birke ist dem Tod geweiht, und mehrere hoch gewachsene Haselnussbäume sind stark geschädigt.
„So etwas habe ich in 15 Jahren nicht erlebt“, sagt Gärtnermeister Volker Wilden betroffen. Der Vöhler macht den Besitzern, Gert und Brigitte Höhne, keine Hoffnung auf Erhalt der Bäume.
„Ich habe im Sommer immer so gerne unter dem Blätterdach der großen Birke gesessen“, sagt die Korbacherin. Dort beobachtete sie die Natur und lauschte dem Gesang der Vögel. „Wir hatten immer sehr viele Tiere hier.“ Amseln, Kohlmeisen, Fledermäuse und Eichhörnchen fühlten sich besonders wohl.
„Plötzlich merkten wir, dass kein Vogel mehr in der Nähe des Baumes war.“ Und dann fielen erste trockene Blätter und Äste an der Birke auf, obwohl es reichlich geregnet hatte. Das Ehepaar wurde misstrauisch und entdeckte mehrere Bohrlöcher am Stamm. Da der Gärtner ohnehin zum Heckenschnitt vor Ort war, sah er nach der Birke. Der Experte bestätigte die Mutmaßung, dass diese Löcher nicht von Tieren stammen, sondern von Menschenhand in den Stamm getrieben und offenbar mit einer giftigen Flüssigkeit getränkt wurden. Weitere Löcher in einigen Haselnussbäumen an der Gemarkungsgrenze am Unteren Adamsberg wurden da erst entdeckt.
„Wer macht nur so etwas?“, sagt Brigitte Höhne, geborene Bergmann, entsetzt. Ein Stück heile Natur sei einfach so von Unbekannten vorsätzlich zerstört worden. „Das Laub vertrocknet am Baum, kein Tier kommt mehr.“ Ihre Eltern hatten das Ferienhaus seit 1954. Im Jahr 2001 hatte es die Tochter mit ihrem Ehemann übernommen.
Das Lehrer-Ehepaar im Ruhestand verbrachte früher gern die Wochenenden auf der Halbinsel Scheid. Inzwischen zieht es sie fast nur noch tagsüber zu einer Auszeit an den Edersee. „Ich gehe gern schwimmen und sitze dann im Schatten unter dem großen Baum“, erzählt Brigitte Höhne. Der Baumfrevel treibt ihr die Tränen in die Augen.
Das Ehepaar hat alle Schäden sorgfältig in Wort und Bild dokumentiert. „Wir haben die Polizei eingeschaltet“, erklärt Gert Höhne. „Das ist eine strafbare Handlung“, sagt der 80-Jährige, denn die Unbekannten seien unerlaubt auf das Grundstück eingedrungen, hätten Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung begangen. höh

Verursacher nicht der Weidenbohrer sondern Bohrmaschine
Trocken und nicht mehr zu retten: Die mehr als 100 Jahre alte Birke auf dem Grundstück ist dem Tod geweiht.
Die Untere Naturschutzbehörde (UNB) des Landkreises Waldeck-Frankenberg ging nach Vorlage von Bildern und Beschreibungen des Eigentümers zunächst von einer tierischen Ursache aus – dem Weidenbohrer. „Dieser Verdacht konnte sich bei einem Ortstermin mit der Eigentümerin nicht bestätigen“, teilt die Pressestelle des Landkreises mit. „Die von Mitarbeitern der Unteren Naturschutzbehörde vorgefundenen Löcher scheinen tatsächlich menschlichen Ursprungs zu sein.“
Der Weidenbohrer ist eine Schmetterlingslarve aus der Familie der Holzbohrer. Die Raupe wird acht bis zehn Zentimeter groß. Ihre bis zu zwei Zentimeter breiten, ovalen Gänge durchziehen das Holz und können einen Baum schädigen. Die Raupen verlassen schon die Bäume, sodass ovale und bis zu daumendicke Austrittslöcher zu sehen sind. Die Bäume auf Scheid wurden hingegen augenscheinlich durch menschliche Hand mit einer Bohrmaschine beschädigt. Ein Vergehen wie dieses wurde der UNB in den vergangenen Jahren nicht bekannt, bescheinigt die Behörde. Dem noch unbekannten Verursacher drohe ein Bußgeld und er müsse den Verlust der Bäume ersetzen.
Bäume könnten auf vielfache Weise unter Schutz stehen. Für den Fall auf Scheid gelte der sogenannte „allgemeine Schutz von Natur und Landschaft“. Die Beeinträchtigungen sind nach Angaben der UNB aber nicht erheblich genug, dass gegen den allgemeinen Schutz von Natur und Landschaft verstoßen worden wäre. „Ansonsten müsste jede Baumfällung in privaten Gärten behördlich genehmigt und kompensiert, also durch Maßnahmen des Naturschutzes ausgeglichen oder ersetzt werden.“
Da die Bäume nicht gefällt und somit nicht in der Brut- und Setzzeit den Tieren entzogen wurden, sei auch gegen dieses Verbot nicht verstoßen worden. Kurzum: „Die Untere Naturschutzbehörde hat im vorliegenden Fall keine gesetzliche Handhabe.“ Die Bäume müssten vermutlich früher oder später aus Verkehrssicherungsgründen gefällt werden und stehen nicht mehr als Lebensraum für Tiere, Vögel, Insekten zur Verfügung. Allenfalls der Baumstumpf sei dann als stehendes Totholz noch sehr wertvoll für den Naturhaushalt.
Sachbeschädigung oder Schadensersatz könne von den Naturschutzbehörden nicht verfolgt oder geahndet werden, heißt es weiter in der Stellungnahme.
Die Eigentümer haben sich bereits an die Polizei gewandt und wollen zudem eine Videoüberwachung installieren, um unerwünschte Eindringlinge von ihrem Grundstück fernzuhalten.  höh