2024 WLZ 27. 04. Stadtbus-System am Edersee

Verkehrsverbund ordnet Liniennetz an der Randstraße neu

VON MATTHIAS SCHULDT

Judith Féaux de Lacroix NVV

Edersee – Der Nordhessische Verkehrsverbund (NVV) plant ein neues Taktsystem für den Busverkehr am nordöstlichen Edersee. Der Tourismuszone ums „Tolle Haus“ in Affoldern fällt eine zentrale Rolle zu. Auf der Wiese vor dem Haus, das kopfüber auf seinem Dachfirst ruht, entsteht eine Rendezvous-Haltestelle, an der vier Busse zugleich halten können. Das Prinzip ist seit Jahren bekannt von den Stadtbussen in Bad Wildungen und Korbach und hat sich dort bewährt.
Die Linien treffen sich am neuen zentralen Punkt, an dem die Fahrgäste umsteigen. Verknüpft ist das Ganze mit einem regelmäßigen Takt, den der NVV entlang der östlichen Randstraße auf eine Stunde setzt. Von und zu jeder dieser Haltestellen fährt also stündlich ein Bus zu festgelegten Tageszeiten. Die Lücken zum Stundentakt und in den frühen und späten Tagesrandzeiten schließt das Anruf-Sammeltaxi (AST). Es wird in Waldeck-Frankenberg vom kreiseigenen Energieversorger EWF angeboten und organisiert. Der Busverkehr auf der Randstraße verbindet sich über die künftige Rendezvous-Haltestelle in Affoldern mit weiteren Regional-Linien, deren Busse wie gewohnt im Zwei-Stunden-Rhythmus rollen.
Ursprünglich sollte das neue System zum Dezember des laufenden Jahres an den Start gehen, doch der NVV hat den Auftakt für den neuen Takt auf Ende 2025 verlegt. Grund: Die mehrmonatige Vollsperrung im Sommer 2025 zwecks Sanierung der Edersee-Randstraße zwischen Terrassenhotel und „Zündstoff“. Das erklärt die stellvertretende NVV-Pressesprecherin Judith Féaux de Lacroix. „Klarer Takt und klare Wege“ beschreibt sie den Anspruch, den der Nordhessische Verkehrsverbund mit dem neuen System verfolgt.
Es soll das gesamte Jahr über gelten, also auch außerhalb der Hauptsaison am Edersee. Das war in den vergangenen Jahren eine wichtige Forderung unter anderem aus Kreisen der Tourismus-Anbieter. Das Geschäft in Früh- und Spätsaison belebt sich seit Jahren mit dem Anwachsen des Wandertourismus rund um den Nationalpark Kellerwald-Edersee. Diese Zielgruppe benötigt ein gutes ÖPNV-Netz, nicht allein nur um Rundwanderrouten ablaufen zu können. Foto: pr/Archiv ➔ SEITE 3

Neue Impulse für früheren Info-Point

MEHR ZUM THEMA Neues Bussystem am Edersee bündelt sich in Affoldern

VON MATTHIAS SCHULDT

Auf dieser Wiesenfläche wird die Rendezvous-Haltestelle gebaut, an der vier Busse zugleich halten können.

Edersee Das Umfeld um den früheren Affolderner Info-Point der Gemeinde Edertal – einst Sitz der Edersee-Touristic – und der Gebäudekomplex selbst verändern sich in naher Zukunft erheblich. Die Anziehungskraft des Tourismus-Ziels stieg mit dem „Tollen Haus“ vor vielen Jahren erkennbar. Die künftige Rolle des Anlaufpunktes als Rendezvous-Haltestelle für einen stadtbusähnlichen Verkehr am nordöstlichen Edersee bringt noch mehr Publikum dorthin. Außerdem laufen aktuell Renovierung und Umbau, um den gesamten Komplex künftig für Gastronomie zu nutzen.
Edertals Bürgermeister Klaus Gier und Bauamtsleiter Alexander Paul erläutern auf Anfrage Details dazu. Auf der Wiese vorm „Tollen Haus“, kurz hinterm Ortsausgang Affoldern, wird die Rendezvous-Haltestelle für 450 000 Euro gebaut. „Diese Stelle hat sich nach reiflicher Überlegung als die am besten geeignete erwiesen“, erklärt Paul. Der Bus-Treffpunkt wird, wie am Breiten Hagen in Bad Wildungen, so konzipiert, dass vier Fahrzeuge gleichzeitig halten und die Fahrgäste bei Bedarf von einer Linie auf die andere umsteigen können. Sie wird nach den Regeln der Barrierefreiheit mit Kasseler Hochbord und Hilfen für Sehbehinderte ausgestattet.
Es handelt sich um dasselbe Konzept wie für den Umbau der Edertaler Bushaltestellen, der seit Jahren im Gange ist. „Für die Kosten erhalten wir 70 Prozent Zuschuss vom Land“, fügt Alexander Paul hinzu.
Das Gebäude des früheren Affolderner Info-Points ist neu verpachtet an einen Geschäftsmann. Ursprünglich war vorgesehen, die neue Gastronomie im laufenden Jahr in dem Gebäude zu eröffnen, „doch die Renovierungsarbeiten fallen weit aufwendiger aus als erwartet“, erläutert Gier.
Einen Teil der Arbeiten übernehme die Gemeinde Edertal als Eigentümerin der Immobilie, den Um- und Ausbau zu Gastronomiezwecken der Pächter, fügt der Bürgermeister hinzu. Die Gemeinde habe die Pacht ausgeschrieben. Mehrere Interessenten aus der heimischen Region hätten sich beworben.
Die Wahl sei auf das Konzept gefallen, das nun verwirklich werden soll. Es umfasst eine klassische Gastronomie mit Kaffee-, Kuchenangebot und kleinen Gerichten sowie einen kleinen Laden, in dem regionale Produkte verkauft werden.
„Wir freuen uns natürlich sehr über die Pläne des Nordhessischen Verkehrsverbundes für den Busverkehr“, ergänzt Edertals Bürgermeister. Der Tourismus-Zielpunkt am Affolderner See werde in Zukunft geprägt von den drei dann vorhandenen Elementen „Tolles Haus“, Bus-Treffpunkt und neu gestalteter Gastronomie. ➔  ARTIKEL UNTEN

Neues Bussystem übersichtlicher und berechenbarer

Judith Féaux de Lacroix begründet die Neugestaltung des Linienverkehrs am östlichen Edersee: „Wichtig ist das klarere Angebot, auch wenn auf manchen Wegen ein Umstieg erforderlich ist.“
Vorgesehen sei, dass die Linie 510 im Stundentakt auf klarem, einheitlichem Weg fährt: von Korbach über Sachsenhausen, Niederwerbe, Waldeck-Strandbad, Staumauer, Affoldern und Bergheim nach Bad Wildungen. Für die Bedienung von Sachsenhausen über Netze, Waldeck Stadt und Buhlen nach Affoldern wird die neue, lokale Linie 515 eingerichtet, die ebenfalls stündlich auf einheitlichem Weg fährt.
Die Linien 510 und 515 seien immer in Sachsenhausen und Affoldern miteinander verknüpft. So kämen Fahrgäste aus Korbach ebenso stündlich – mit direktem Umstieg in Sachsenhausen – beispielsweise nach Waldeck-Stadt und von der Staumauer über Affoldern und Umstieg stündlich nach Buhlen, Waldeck-Stadt oder Netze.
Zusätzlich zur Linie 510 und 515 verkehre die Linie 518 alle zwei Stunden von Affoldern über Aquapark und Wildpark nach Bringhausen. Und zusätzlich – im Sommerhalbjahr an Ferientagen und Wochenenden – fahre die Linie 516 alle zwei Stunden von Affoldern durch das Wesetal nach Frankenau.
Neben diesen Taktbuslinien gebe es weitere Buslinien, die der Beförderung von Schulkindern dienen und die im Vergleich zum aktuellen Stand weitgehend unverändert unterwegs seien.
Neben ihrer Aufgabe als Ergänzung zum Bus gewährleisten die Anrufsammeltaxen eine stündliche Verbindung der Gemeindeteile zu den Gemeindehauptorten und fungieren damit als Zu- und Abbringer zu den genannten Buslinien, mit denen dann etwa die Mittelzentren Korbach und Bad Wildungen zu erreichen sind.
Ziel sei es insgesamt, entlang der Randstraße zwischen Niederwerbe, Waldeck-Strandbad, Staumauer und Affoldern einen ganzjährigen, täglichen Stundentakt anzubieten und Waldeck, Netze und Buhlen stündlich an das Busangebot anzubinden. Die Linien seien zudem weiterhin in Korbach und Bad Wildungen an die Anschlussknoten angebunden, so dass beispielsweise in Korbach ein direkter Anschluss an die Züge von und nach Willingen, Arolsen, Kassel sowie an den 550er-Bus von/nach Medebach gegeben sei.
Der NVV erwartet eine erhebliche Verbesserung für die Fahrgäste. „Aktuell ist es etwa so, dass die regionale Linie 510 auf drei verschiedenen Routen zwischen Bad Wildungen und Korbach fährt“, nennt Judith Féaux des Lacroix ein Beispiel für die Unübersichtlichkeit des alten, noch gültigen Systems.
Der NVV nutzte die Gelegenheit zum Umgestalten, weil das Bedienen seiner Linien am Edersee durch Busunternehmen turnusmäßig neu ausgeschrieben und vergeben werden musste. Das ist der Grund, weshalb im südwestlichen Teil mit den Großgemeinden Vöhl und Frankenau vorerst alles bleibt, wie es ist. Dort zeichnet der Kreis und damit das EWF verantwortlich. „Wenn der Betrieb der Linien auch dort neu ausgeschrieben wird, prüft das EWF, wie sich das Angebot optimieren lässt“, sagt Pressesprecher Axel Voigt. Bis dahin
bleibt das südwestliche Liniennetz jenseits von Ferienzeiten, Wochenenden und Feiertagen schwerpunktmäßig über Anrufsammeltaxi ans nordöstliche Edersee-Liniennetz angebunden.  su