2024 WLZ 16. 09. Zwergschnäpper singt im Kellerwald
Ornithologen gelingt Nachweis in Waldeck-Frankenberg
Zwergschnäpper: Ornithologen gelang der Nachweis eines singenden Männchens im Nationalpark Kellerwald-Edersee. Foto: Bastian Meise
Bad Wildungen/Edersee – Im Bereich des Nationalparks Kellerwald-Edersee haben Ornithologen in diesem Jahr zwei Reviere von Zwergschnäppern entdeckt, berichtet Natascha Meise (Giflitz), Vorstandsmitglied der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz.
Der Vogel komme in Hessen gewöhnlich nicht vor. Das Hauptverbreitungsgebiet dieser Art liegt laut Meise im östlichsten Bereich am Rande des Ural-Gebirges und streckt sich nach Westen bis nach Nordostdeutschland sowie den Bayrischen Wald. In Deutschland befindet sich der größte Zwergschnäpperbestand nahe der polnischen Grenze. „Er ist ein hervorragender Zugvogel, der im Herbst nachts nach Südosten zieht.“ Die Winter verbringt er im Nordwesten des indischen Kontinents – unter anderem in den Vorbergen des Himalayas bis in den Nordwesten von Pakistan.
Seine Brutplätze bezieht der Zwergschnäpper ab Anfang Mai. Die Reviere müssen alte, unterholzarme und feuchte Laubwälder sein, die viel Totholz aufweisen. Darum sei es nachvollziehbar, dass zwei alte Männchen in diesem Jahr im Nationalpark Kellerwald-Edersee ihr Revier aufgesucht haben. Das Schutzgebiet biete dem Zwergschnäpper mit urwaldähnlichen Waldstrukturen genau das passende Habitat.
Der erste Vogel wurde am 24. Mai von Dietlind Fredebold gefunden, die im Nationalpark ihren Urlaub verbrachte. „Interessant ist, dass genau vor zwölf Jahren, im Mai 2012, exakt am gleichen Standort schon einmal ein singendes Männchen nachgewiesen werden konnte“, sagt Meise. Der zweite Zwergschnäpper wurde am 9. Juni von der Edertaler Ornithologin Erika Höhle etwa sieben Kilometer entfernt entdeckt.
Als Bewohner der Baumkronenregion waren die revierhaltenden Männchen zwar von weitem sehr gut mit ihrem Gesang zu hören, gesehen wurden sie aber immer nur für wenige Sekunden. Sie trugen ihren Gesang in der Regel auf abgestorbenen Ästen knapp unterhalb der Laubregion vor.
Der erste Vogel hielt bis zum 23. Juni sein Revier, der zweite bis zum 20. Juni. Ab dem 26. Juni waren sie nicht mehr zu hören. Weibchen wurden nicht entdeckt. Auch mehrere Nachkontrollen während der möglichen Fütterungszeit blieben erfolglos. Meise geht davon aus, dass keine Bruten stattgefunden haben. „Bisher gab es in Hessen lediglich einen jemals belegten Nestfund eines Zwergschnäppers.“
Eine Dunkelziffer von möglichen Revieren des Zwergschnäppers könnte innerhalb des Nationalparks durchaus hoch sein, da insbesondere die UNESCO-Weltnaturerbeflächen in manchen Bereichen hervorragende Lebensräume für den kleinen und besonderen Vogel bieten, sagt die Ornithologin. „Aufgrund dieses Idealhabitats wären spezielle Erfassungen spannend – und vielleicht könnte damit der Erstnachweis einer Brut in Waldeck-Frankenberg gelingen.“ red
Unter schattigen Kronen alter Bäume
Verwandt ist dieser kleine, etwa Zaunkönig-große Vogel zwar mit den hier brütenden Grau- und Trauerschnäppern, gleicht ihnen optisch aber wenig. Der Zwergschnäpper ist ein sehr heimlicher Vogel, der sich vorwiegend im schattigen Kronenbereich alter Baumbestände aufhält. Findet man ihn, könnte man die Männchen mit ihrem Aussehen hingegen mit einem Rotkehlchen verwechseln, da ein adulter Zwergschnäpper ebenfalls eine rötlich-orangene Kehle aufweist. Die Weibchen sind weitestgehend gräulich gefärbt. red