2024 WLZ 12. 10. Waldeck: Rund 500 Waldecker beim WLZ-Wahlforum in Sachsenhausen

In der vollbesetzten Stadthalle in Sachsenhausen erlebten rund 500 Zuschauer am Donnerstagabend beim WLZ-Wahlforum einen fairen und harmonischen Schlagabtausch der beiden Bürgermeisterkandidaten. Beide bewerben sich beim Urnengang am 27. Oktober um den Chefsessel im Rathaus. WLZ-Redaktionsleiter Thomas Kobbe (rechts) und WLZ-Redakteur Matthias Schuldt (links) von der Bad Wildunger Redaktion moderierten die Veranstaltung. Amtsinhaber Jürgen Vollbracht (2. von links) und sein Herausforderer Nicolas Havel beantworteten nicht nur die Fragen der beiden Journalisten, sondern reagierten auch auf zahlreiche Themenvorschläge der Zuschauer im Saal. Steuern, Finanzen, die Kläranlage auf Scheid und fehlende Radwege in der Umgebung waren einige der heiß diskutierten Themen.
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Farbe bekannt: An Neujahr baden?
Jürgen Vollbracht und Nicolas Havel im Rededuell

Neujahrsschwimmen im Edersee 2025? Einmal Ja, einmal Nein. © Büchsenschütz, Jakob
Waldeck Die beiden Bürgermeisterkandidaten für die Wahl am 27. Oktober in Waldeck, Jürgen Vollbracht (58) und Nicolas Havel (33), lieferten sich beim WLZ-Wahlforum in der Stadthalle in Sachsenhausen einen beinahe freundschaftlichen Schlagabtausch.
Mit amüsanten Fragen – mit Ja oder Nein zu beantworten – geht es heiter los für den Bauingenieur, der in Freienhagen aufgewachsen ist und den Landwirtschaftsmeister aus Sachsenhausen, der eine zweite Amtsperiode als Bürgermeister anstrebt. Beide halten sich für belastbar, haben keinen Rasenroboter und machen nächstes Jahr beim Stadtradeln mit, erfährt das Publikum beim Hochhalten der Ja- und Nein-Karten. Beim Neujahrsschwimmen im Edersee ist es aber vorbei mit der Einigkeit: Nur Havel ist bereit für ein kaltes Bad am 1. Januar 2025. Der Amtsinhaber zeigt lächelnd die rote Karte für den winterlichen Badespaß.
Dann wird es ernst auf dem Podium mit WLZ-Redaktionsleiter Thomas Kobbe und WLZ-Redakteur Matthias Schuldt – es geht um die Finanzen. Auf Bauträgerschaftsmodelle setzt Havel, der von SPD, FDP, Grünen und FWG unterstützt wird. Idee des Korbachers: Mit einem privatem Investor die großen Projekte stemmen, „denn alles aus eigener Tasche zu zahlen, wird unheimlich schwierig“. CDU-Bewerber Vollbracht kann sich das auch vorstellen. „Aber man muss das mit dem spitzen Bleistift durchrechnen“ und vielleicht Investitionen mit Fördermitteln besser in eigener Regie bewältigen. Kann es bei millionenschweren Neubauwünschen von Kindergarten, Bauhof, Feuerwehr noch bei kostenfreien Kindergartenplätzen bleiben? Der Neubau sei längst überfällig, findet der junge Familienvater. Schon jetzt seien Plätze rar. Elternbeiträge indes könnten die Investitionen nicht decken, Einnahmen allenfalls zur Modernisierung dienen.
Von einer Wiedereinführung des Beitrags hält der Amtsinhaber aktuell nichts. Für Waldeck sei das ein Aushängeschild. „Wir sind die einzige Stadt oder Gemeinde, die ihre Einrichtungen beitragsfrei hat für die Eltern.“
Tourismus und Verkehr sind Dauerbrenner am Edersee. Moderator Kobbe: „Wenn beides fließt, sind alle glücklich.“ Vollbracht wünscht sich Leuchtturmprojekte wie eine Seilbahn über den See oder ein Spiele- oder Geisterhaus. Havel kontert: „Wir sprechen hier von unheimlich vielen Investitionen, die zu tätigen sind, in meinen Augen kann das nicht die Aufgabe der Kommune sein.“ Muss es auch nicht, bescheinigt der Sachsenhäuser, aber wenn kein privater Investor zu interessanten Objekten bereit sei, „dann muss man das als Stadt, wenn man das will, auch selber schaffen“. Havel fordert bessere Inwertsetzung von Nationalpark, Fernradweg, Grimm-Heimat, und Margaretha von Waldeck mit dem Schneewittchen-Märchen. „Ich will keine Märchen erzählen, aber damit könnte man punkten.“
Im Fokus: Das viel diskutierte Verkehrskonzept am Edersee. Was herausgekommen ist bei einer nicht öffentlichen Sitzung mit Vertretern der Anrainerkommunen, das lässt Vollbracht nur am Rande durchblicken: Ideen aus dem Sonderverkehrskonzept Edersee sollen in ein neues Konzept münden. „Wir hoffen natürlich, dass Bad Wildungen demnächst dabei ist.“ Havel, der nicht zum eingeladenen Teilnehmerkreis zählte, präsentiert seine Gedanken zu Verbesserungen am Edersee: Den Verkehrsraum so aufteilen, dass alle Nutzer Platz finden. Felshänge und Nationalpark schränkten indes die Möglichkeiten ein, nennt der Bauingenieur die besondere Schwierigkeit.
Die Bimmelbahn am Edersee – für den Ausfall der Seilbahn eingesetzt – hat ihre Erwartungen nicht erfüllt. „Das ist eine gute Lückenlösung“, findet Havel. Er tue sich trotzdem schwer damit, mit Blick auf den Betreiber der Schlossberg-Bahn, dessen Betrieb auch Gewerbesteuern generiere. „Wir haben’s nicht geschafft, den am Laufen zu halten. Wir helfen uns gerade mit einer Lösung, die uns Geld kostet.“ Denkbar wäre eine Unterstützung seitens der Stadt für den Seilbahn-Betreiber, räumt Vollbracht ein. Aber letztendlich handele es sich um einen privaten Betrieb, der über viele Jahre Gewinne eingefahren habe und auch selber in der Pflicht sei, das Unternehmen in die nächste Generation zu führen. Havel: „Mein Unterstützungsangebot: Ein runder Tisch, wo man über Lösungen spricht.“ Das quittiert das Publikum mit Applaus.
Beifall brandet auch beim nächsten Stichwort auf – dem dominanten Neubau der Kläranlage auf Scheid, direkt neben der Liegewiese. Gibt’s da nicht noch Möglichkeiten, das Gebäude attraktiver zu gestalten, fragt Moderator Matthias Schuldt. Die Anlage ist noch nicht fertig und wird noch eingegrünt, kündigt Vollbracht an. „Da kann noch eine ganze Menge passieren.“ Mit Einhausung und der Farbgebung wurde die Optik schon entschärft, räumt Havel ein.
CORNELIA HÖHNE