2024 WLZ 03. 07. Festwochenende mit Begegnungen

25 Jahre Förderkreis Synagoge in Vöhl: Viele Veranstaltungen geplant

Laden ein zum Festwochenende 25 Jahre Förderkreis Synagoge in Vöhl: von links Vorsitzender Karl-Heinz Stadtler und die Beisitzer Peter Göbel und Berthold Herberz. Foto: Stefanie Rösner

Vöhl – Mit einem umfangreichen Programm will der Förderkreis Synagoge in Vöhl Mitte Juli sein 25-jähriges Bestehen feiern. Am 9. November 1999, dem 61. Jahrestag der Pogrome des Jahres 1938, wurde der Verein gegründet. Er erwarb damals die ehemalige Synagoge des Dorfes, renovierte sie und entwickelte sie zu einem Ort der Erinnerung, des Gedenkens, der Bildung und der Kultur.
Exakt 25 Jahre später, am 9. November 2024, dem Tag der sogenannten „Kristallnacht“, will der Verein kein Freudenfest feiern und hat seinen Geburtstag deshalb auf die Tage vom 11. bis 14. Juli vorgezogen.
Die Besucher dürfen spannende Gäste und ein interessantes, aber auch emotional berührendes Programm erwarten. So werden 15 Nachfahren von Vöhler Juden anreisen, elf davon aus den USA und einer aus Israel.
Zu diesen besonderen Gästen zählen beispielsweise Elizabeth Foote und Camille Calman. Die beiden Damen sind Nachfahren von Abraham Rothschild, der – nachdem er zum christlichen Glauben konvertierte – sich Adolph nannte und 1866 in die USA emigrierte. Elizabeth, die Ur-Ur-Enkelin jenes Adolph, ist Genealogin und kam im Rahmen ihrer Nachforschungen im Jahre 2008 auf den Förderkreis zu. Seitdem gibt es einen sehr regelmäßigen und freundschaftlichen Kontakt zwischen ihr und dem Förderkreis und einen intensiven Austausch über die zahlreichen aus Vöhl stammenden Rothschilds, über die Elizabeth Foote intensiv recherchiert hat.
Das Programm für die Öffentlichkeit beginnt am Freitag, 12. Juli, um 10 Uhr mit einem Empfang in der ehemaligen Synagoge in der Mittelgasse in Vöhl. Gegen 11 Uhr beginnt von dort aus ein Spaziergang zum jüdischen Friedhof. Dort wurden Vorfahren der Besucher beerdigt. So sind zum Beispiel Grabsteine für Sprinz Rothschild, Joseph Laser, Bernhard Frankenthal und Michel Mildenberg noch vorhanden.

Am Freitag um 14.30 Uhr wird Johannes Grötecke zum Thema „Jüdischer Humor“ vortragen.

Am Freitagnachmittag ist zudem ein Vortrag vorgesehen zum Thema „Wie viel Platz ist noch im kulturellen Gedächtnis? Die Zukunft der Erinnerung an die Shoah“. Um 16 Uhr wird Professor Christina Brüning von der Universität Marburg über dieses Thema sprechen.

Ist der Holocaust tatsächlich jenes singuläre Ereignis, als das es in der Geschichtswissenschaft oft dargestellt wird? Erinnert sei an die Morde an den sephardischen Juden in Spanien um 1500, an die Massaker des Pol-Pot-Regimes in Kambodscha, den hunderttausendfachen Tod der Tutsi durch die Mehrheit der Hutu in Ruanda, die Völkermorde am Ende Jugoslawiens. Was macht den Holocaust zu etwas Besonderem? Auch die Sinti und Roma wurden massenhaft in den deutschen Lagern getötet. Mit diesen Phänomenen und Fragen wird sich die Historikerin beschäftigen. „Gepriesen seist du, Ewiger, unser Gott; du regierst die Welt. Du hast die Frucht des Weinstocks geschaffen“: Mit diesem Segensspruch über den Wein starten Juden in den Schabbat, den heiligen Tag. Sarah Küpfer, Jüdin und Vorstandsmitglied des Förderkreises Synagoge Vöhl, wird am Freitag um 19.30 Uhr mit diesem Satz den Abend eröffnen.
Bei der anschließenden Jubiläumsfeier mit Ehrengästen werden Vertreter der Politik, Repräsentanten befreundeter Vereine und Organisationen sowie Nachfahren Vöhler Juden Grußworte sprechen.
Sahra Küpfer und Beate Lambert werden den Abend musikalisch mitgestalten. Steve, Daniel und Noah Baird aus Kalifornien werden zu Gitarrenmusik ein Lied vortragen. 

Haustafeln, Podiumsdiskussion, Gottesdienst

Am Samstag, 13. Juli, wird um 10 Uhr an der Synagoge ein neues Wegeschild eingeweiht. Der kleine Pfad unterhalb der Synagoge hin zum Kirle wird nach Salomon Bär benannt, der von 1841 bis zu seinem Tod 1881 Lehrer der jüdischen Schule war, die in jener Zeit im Synagogengebäude war. Es folgt ein Ortsrundgang. An den Häusern der jüdischen Familien Frankenthal (auf dem Schulberg), Rothschild/Laser/Flörsheim/Meyer und dort, wo das Stammhaus der Mildenbergs stand (Arolser Straße), werden Haustafeln angebracht, die über die Familien informieren sollen. Diese Haustafeln ersetzen die andernorts üblichen Stolpersteine.
Am Nachmittag um 15 Uhr ist eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Die Arbeit der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen im nördlichen Hessen“ geplant. Teilnehmen werden Dr. Martin Arnold, Vorsitzender des Vereins der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens in der Region Werra-Meißner, Julia Drinnenberg, Mitarbeiterin der Judaica-Abteilung im Museum Hofgeismar, Dr. Marion Lilienthal, Gedenkportal Korbach, Sebastian Sakautski, Leiter der Gedenkstätte Trutzhain (Schwalmstadt), Dr. Annegret Wenz-Haubfleisch, Vorsitzende des Arbeitskreises Landsynagoge Roth und Dr. Wolfgang Werner, Vorsitzender des Arbeitskreises Rückblende – Gegen das Vergessen in Volkmarsen. Das Gespräch wird Professor Dietfrid Krause-Vilmar moderieren. Er ist emeritierter Hochschullehrer der Uni Kassel und Begründer der Gedenkstätte Breitenau.

Das Konzert mit Aquabella ist bereits ausverkauft.

Zum Abschluss ist am Sonntag, 14. Juli, um 10.30 Uhr ein Festgottesdienst in der Martinskirche geplant. Günter Maier und Matthias Müller werden den Gottesdienst halten. Mitwirken werden die Posaunenchöre Vöhl und Marienhagen.
Am Sonntagnachmittag ist eine Fahrt zum Verein „Rückblende – Gegen das Vergessen“ in Volkmarsen vorgesehen. Wer mitfahren möchte, sollte sich vorher anmelden.
Alle anderen Veranstaltungen sind frei. Zum Parken wird der Parkplatz an der Henkelhalle empfohlen. Der Fußweg beträgt 5 bis 8 Minuten. Für Vortrag und Podiumsdiskussion wird eine Anmeldung empfohlen; angemeldete Personen erhalten einen reservierten Sitzplatz. Anmeldungen: Tel.: 05635/1022, Mail: info@synagoge-voehl.de.  red/srs