2023 WLZ 24. 11. Musik, die die Seele berührt

Paul Hoorn und Freunde mit aufwühlenden Liedern aus jüdischen Ghettos
VON URSULA NEUBAUER

Das Lied der Lieder: Vor dem gotischen Flügelaltar in der Netzer Klosterkirche spielten und sangen Klara Fabry (v.li.), Paul Hoorn, Pablo Gomez, Anna von Koch und Karolina Petrova Lieder aus jüdischen Ghettos und aus Zeiten lateinamerikanischer Diktaturen. Fotos: Ursula Neubauer

Waldeck-NetzeNoch lange hallte der Beifall der vielen Besucher in der Kirche nach, als Paul Hoorn und seine vier Musiker und Musikerinnen nach zwei Stunden das letzte Lied spielten und sangen. Nicht nur die Liebe, die laut Programm des Konzerts stärker als der Tod ist, sondern Worte und Musik sind es auch – Worte von verzweifelten Menschen in jüdischen Ghettos, von Opfern grausamer Gewalt und Verfolgten auf der ganzen Welt.
Texte und Musik, unter anderem von Mikis Theodorakis, Bert Brecht, Sergio Ortega und Silvio Rodriguez, umrahmten den Abend. Paul Hoorn (Akkordeon) und seine Kapelye Corazon, bestehend aus Anna von Koch (Cello), Karolina Petrova (Violine), Klara Fabry (Klarinette) und Pablo Gomez (Gitarre), gaben einen emotionalen Einblick in das Lied der Lieder, das Hohelied Salomons, Shir ha Shirim auf hebräisch oder Cantar de los Cantares auf spanisch. Es wurde zum Ausgangspunkt aller Lieder, denn die Liebe ist weltumfassend. ➔ WEITERER ARTIKEL

Leichte Melodien und harte Wörter

Die Musik der Band klang oft so leicht, unbeschwert und melodiös. Und um so härter schlugen die Wörter ins Bewusstsein der Zuschauer ein. Die „Todesfuge“ des jüdischen Dichters Paul Celan mit dem Satz „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ geht unter die Haut, so wie auch der Text von Bertolt Brecht „Ich töte die Schlange und eine größere erscheint“ mit der Musik von Silvio Rodriguez aus Kuba.
Paul Hoorn ist der Kopf der Band, doch er wäre nichts ohne seine Kapelye Corazon, Musiker aus verschiedenen Nationen und exzellente Instrumentalisten und Sänger. Mal gab jeder von ihnen ein Solopart und mal sangen sie alle zusammen. Dabei ragten die Stimmen von Karolina Petrova und Klara Fabry besonders heraus. Paul Hoorn gab oft wichtige Hintergrundinformationen zu den Liedern und zitierte Textpassagen. So stammen einige Lieder der Band aus dem Zeitgeschichtsdrama „Ghetto“ von Joshua Sobol mit Geschichten und Lieder aus dem Ghetto in Vilnius.
Doch Hoorn und seine Freunde brachten auch Mutmachlieder, Visionen von einem friedlichen Leben und das Eintreten von Liebe in eine Welt der Gleichgültigkeit und des Hasses mit. Den Abschluss bildete das bekannte „Lied von der Moldau“ mit Musik von Hanns Eisler und Text von Bert Brecht mit dem Satz „Es wechseln die Zeiten, da hilft kein Gewalt“. Das begeisterte Publikum dankte den Musikern mit minutenlangem Beifall und stehenden Ovationen.
Auch Ute Wiesenberg von Wajuku (Förderverein für Kinder, Jugend und Kultur Waldeck) als Veranstalter und Hausherr Pfarrer Til Anders Follmann von der evangelischen Kirchengemeinde waren sehr berührt und dankten den Musikern für das beeindruckende Konzert in der mittelalterlichen Klosterkirche.  un