2023 WLZ 15. 05. Mit Frack und Zylinder

Freienhagener Schützengilde pflegt alte Traditionen

VON CHRISTIANE TRIERWEILER

Eine der ältesten Aufnahmen: Die Zylindergruppe der Freienhagener Schützengilde in 1929. Repro: Christiane Trierweiler

Waldeck-Freienhagen – Bis in die 1930er-Jahre waren Frack, Zylinder und Gewehr ausnahmslos die Standardausstattung der Freienhagener Schützen beim Festzug. Inzwischen hat sich einiges geändert, die alten Traditionen werden aber auch beim Freischießen in 2023 gefeiert, das am Pfingstwochenende stattfindet.
Im Reglement der Gilde heißt es, die Schützen sollten „in ihrem besten Anzug“ antreten und dies war für gewöhnlich der Kirch- oder Sonntagsanzug. „Als ich Kind war, kam bei uns nach dem Sonntagsgottesdienst ein Herr mit gezwirbeltem Schnurrbart zu Besuch, der tatsächlich noch in Frack und Zylinder in die Kirche ging. Das ist nun 60 Jahre her“, erinnert sich Friedhelm Martin, der früher im Vorstand und bei der Wache der Schützengilde war. Zusammen mit Heinz Schluckebier ist er nun verantwortlich für die Zylindergruppe, die zum Fest zusammenkommt und aus passiven Schützen besteht.
Bevor 1974 die grünen Jacken angeschafft wurden – anfänglich aus alten Polizeibeständen – gab es eine Zeit ohne Uniform: Da Frack und Zylinder nicht mehr zeitgemäß waren, kam jeder tatsächlich in seinem besten Anzug. „Die Farbenvielfalt war gewaltig – das Bild, das wir abgaben, katastrophal“, berichtet Martin schmunzelnd. Die einheitliche grüne Uniform bewertet er als vollen Erfolg. Nur bei der Farbe der Socken gab es anfangs wiederholt Konflikte, heute trägt auch der Letzte schwarz. Die Idee, Frack und Zylinder nicht ganz verschwinden zu lassen, hatte der ehemalige erste Dechant Heinz Schluckebier und setzte sie beim Freischießen 1993 erstmals um. Als damals das 400-jährige Bestehen der Schützengilde gefeiert wurde, wollte er mit etwas Besonderem aufwarten. Alte Fotos brachten ihn auf die Idee und er rief die Zylindergruppe ins Leben.
Obwohl mancher anfangs skeptisch war, überzeugte der Auftritt. Die Gruppe ist seitdem mit dabei. Bei der Freienhagener 750-Jahr-Feier 2003 trat die Zylindergruppe als Fackelträger beim großen Zapfenstreich an. „Das war optisch ein Höhepunkt“, erinnert sich Martin. „Es war schon ein besonderer Gemütszustand bei den teilnehmenden Männern, wenn man so historisch ausstaffiert bei Fackelschein unterwegs ist – das gibt ein Gänsehautgefühl.“ Nur grüne Jacken – das sei aber auch ein einseitiges Erscheinungsbild gewesen, merkt er an. „Die Kanoniere waren 1982 der erste Farbfleck in der Schützengilde. Die Zylindergruppe tritt ohne die schweren Gewehre an und ist somit für Schützen attraktiv, die – zum Beispiel aus Altersgründen – keine Waffe mehr tragen können oder wollen. „Die Zylindergruppe hat auch die Funktion, dass wir die älteste Generation aus unseren Reihen so lange wie möglich dabei halten können“, meint Martin. Wer von der Männerkompanie mitmachen möchte, kann sich bewerben. Auch werden neue Mitglieder selbst angeworben.