2023 WLZ 04. 11.  „Hoffentlich keine Zelte“

Wildungen, Edertal, Waldeck bereiten sich auf Flüchtlinge vor

VON MATTHIAS SCHULDT

Wohncontainer für Geflüchtete sind schwer zu finanzieren. SymbolFoto: Uta Müller/Archiv

Wildungen/Edertal/Waldeck – Ende November kommen 55 Flüchtlinge in Bad Wildungen an. Bis Ostern soll die Badestadt zwischen 230 und 250 Geflüchtete untergebracht haben, berichtet Bürgermeister Ralf Gutheil.

„Wir wissen weder, aus welchen Herkunftsländern die Menschen stammen, noch, wie sich die Gruppe vom Alter oder der Familienstruktur her zusammensetzt“, erläuterte die Wildunger Integrationsbeauftragte Ute Claßen im Edertaler Haupt- und Finanzausschuss. Auf Einladung stellte sie ihre Arbeit vor und sprach mit dem Gremium auch über regelmäßigen Informationsaustausch zwischen den Nachbarkommunen.

Edertal liege bisher keine Ankündigung vor, berichtete Hauptamtsleiter David Zerbes. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl habe die Gemeinde ihr Soll derzeit erfüllt. Steigen die Zuweisungszahlen, könne sich das aber rasch ändern, schränkte Bürgermeister Klaus Gier in der Gemeindevertretung ein.

Bad Wildungen und Edertal hatten vorsorglich vor Längerem die Idee ausgelotet, gemeinsam ein zentrales Containerdorf zu errichten. Damals gingen die beiden Bürgermeister davon aus, dass der Landkreis Container beschaffe. „Der Kreis zog seinen diesbezüglichen Vorschlag zurück, weil die Kosten zu hoch waren“, erklärt Wildungens Ralf Gutheil.

Sein Waldecker Amtskollege Jürgen Vollbracht erwartet bis Juni knapp 110 Flüchtlinge und bestätigt: „Ansatz war, voll ausgestattete Container zu mieten.“ Geringerer Verwaltungsaufwand und höhere Geschwindigkeit sprachen dafür. Ohne Hilfe vom Kreis sei die Lösung aber zu teuer. Der Tagessatz pro Geflüchtetem reiche nicht. Waldeck habe Wohnungen oder Gebäude in Aussicht. „Manche wollen nicht an Flüchtlinge vermieten und unter sechs Euro pro Quadratmeter geht quasi nichts“, sagt Vollbracht.

Unter den möglichen Objekten befänden sich nicht mehr genutzte Gemeinschaftseinrichtungen, ergänzt er. Alle drei Bürgermeister sind sich einig, möglichst keine aktiven Dorfgemeinschaftshäuser oder ähnliche Einrichtungen zu belegen, um die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht zusätzlich zu erschweren.

Obwohl ohne Zuweisung, halte die Gemeinde Edertal Ausschau, erklärte Gier im Parlament. Wohnungen stünden zur Debatte und ein verwaistes Gasthaus, das in vorigen Jahren bereits in Frage kam. „Damals scheiterte es am Brandschutz, aber nun wird geprüft, ob sich mit vertretbarem Aufwand ein weiterer Notausgang einrichten ließe“, sagte Gier.

Am kritischsten stellt sich die Wohnungsfrage in Bad Wildungen. „Wir können noch froh sein über eine Unterbringung in Containern – und hoffentlich nicht in Zelten“, sagt Ute Claßen.

In Bad Wildungen herrsche großer Mangel an Mietwohnungen im unteren bis mittleren Preissegment, führt Ralf Gutheil aus. Ute Claßen nennt ein Beispiel, bei dem der auswärtige Hausbesitzer vertretbare Mieten nehme, aber nichts investiere. Quasi regelhaft behalte er Kautionen ein – ohne die jeweils vor Einzug bestehenden Schäden dokumentiert zu haben.

Stadtteile kämen kaum in Frage, setzt Gutheil hinzu: „Unterkünfte sollen sich laut Vorgaben in erreichbarer Nähe von Haltestellen und Einkaufsmöglichkeiten befinden.“ 300 ukrainische Geflüchtete und 1200 bis 1500 Aufgenommene aus anderen Ländern leben aktuell in Bad Wildungen. „Die Schätzung schwankt, weil viele nach gelungener Integration inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit haben“, sagt Ute Claßen. Foto: höh/archiv