2024 WLZ 01. 06. Ein Bollwerk des Kirchenkampfs

Barmer Erklärung bestärkte 1934 Pfarrer im Widerstand

VON KARL-HERMANN VÖLKER

Pfarrer der Bekennenden Kirche: In Haina ließ sich Theodor Dannert von seinen Konfirmanden, hier mit der Gruppe von 1934, nicht mit „Heil Hitler“ grüßen. Er predigte kritisch und verteilte Flugblätter des Pfarrernotbundes. Im März 1935 wurde er auf dem Weg zum Gottesdienst in der Klosterkirche verhaftet. ArchivFotos: Karl-Hermann Völker

Waldeck-Frankenberg – Vor 90 Jahren, am 31. Mai 1934, beschlossen in Wuppertal 138 Synodale aus allen evangelischen Landeskirchen die „Barmer Theologische Erklärung“, um sich als „Bekennende Kirche“ gegen die Machtansprüche des nationalsozialistischen Staates auf die Kirchen zu wehren.

In dieser Woche erinnerten Gedenkfeiern in ganz Deutschland und eine Tagung in Wuppertal mit einem Festgottesdienst, bei dem die Kasseler Bischöfin Dr. Beate Hofmann die Predigt hielt, an ein Grundsatzdokument, das zum theologischen Bollwerk des Kirchenkampfes gegen die sich ausbreitende NS-Ideologie wurde.

Die Barmer Synode stand vor der Herausforderung, ihr Verhältnis zum offiziellen Kirchenregiment unter Reichsbischof Müller und seinen „Deutschen Christen“ zu klären, was erstmals ein Zusammengehen von Lutheranern, Reformierten und Unierten erforderte.

Dass diese verschiedenen konfessionellen Gruppen sich auf ein gemeinsames Wort des Widerstands einigen würden, glaubte selbst die Staatsmacht nicht, weshalb die Geheime Staatspolizei die Synodalen gewähren ließ. Aber der Kompromiss gelang ihnen sogar einstimmig!

Unter ihnen waren aus Marburg auch Pfarrer Dr. Karl Bernhard Ritter, Professor D. Freiherr Hans von Soden und der Buchhändler August Sonnenschein. Ritter war zehn Jahre zuvor noch in Frankenberg zum Reichstagswahlkampf im Mai 1924 als Redner der Deutschnationalen Volkspartei aufgetreten. Nachdem ihm die Nazis 1934 in Marburg die Studentenseelsorge entzogen hatten, schloss er sich der Bekennenden Kirche an.

Soweit die evangelischen Pfarrer im Kreis Frankenberg sich nicht bereits Ende 1933, nachdem sie Hitlers „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ mit ihrem Programm einer „rückhaltlosen Bejahung des Nationalsozialismus“ durchschaut und sich der Bekennenden Kirche angeschlossen hatten, taten sie es jetzt.

Die Barmer Theologische Erklärung stärkte ihnen dabei den Rücken. Pfarrer Bernhard Heppe (Cölbe) meldete am 5. November 1934 voller Freude: „Die Amtsbrüder aus dem Kreis Frankenberg sind bis auf einen geschlossen der Bekennenden Kirche beigetreten.“

Sie waren schon bald Opfer von Bespitzelungen, SA-Überfällen auf Pfarrhäuser und Freiheitsentzug durch „Schutzhaft“.

In einer Mitgliederliste der Bekennenden Kirche sind die Namen dieser Pfarrer überliefert: Fischer (Frankenberg), Dannert (Kloster Haina), Seippel (Eimelrod), Baltz (Bottendorf), Balzer (Rengershausen), Fischer (Kirchlotheim), Förster (Rosenthal), Lic. Hoffmann (Vöhl) als Obmann der Bekennenden Kirche im Kreis, Kohl (Höringhausen), Kraft (Frankenau), Krummel (Obernburg), Lehmann (Frankenberg), Möller (Löhlbach), Sandrock (Frankenberg), Wendel (Röddenau) und Wolf (Geismar). Nur Pfarrer Reinhold Dellit in Viermünden gehörte zu den Deutschen Christen.

Man weiß heute, dass es auch unter den Mitgliedern der Bekennenden Kirche noch überzeugte Nationalsozialisten gab, denen es vorwiegend um die Position der Kirche ging.

Der Makel, dass die Barmer Theologische Erklärung von 1934 kein Wort über die einsetzende Judenverfolgung verloren hat, lässt sich aber nicht so einfach erklären.